Bergbau: Der Schlusspunkt ist gesetzt

Bild: Der Bergbau auf AV boomt (1967).

Marl. So richtig „dicke Freunde“ waren Marl und der Bergbau gerade mal 60 Jahre. Los ging es Ende des 19. Jahrhunderts zunächst nördlich von Alt-Marl – was heute Brassert heißt. Und wenig später in Löntrop – was heute Hüls heißt. Aus Brassert verabschiedete sich der Bergbau bereits vor mehr als 40 Jahren. Jetzt ist auch auf Auguste Victoria Schluss. Zum Abschied kam am Freitagnachmittag Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Unter dem bedeutendsten Kapitel der Marler Stadtgeschichte kann ein Schlussstrich gezogen werden.

Ohne den Bergbau wäre Marl eine nette Bauernschaft um die Georgs-Kirche. Doch als 1910 die Kohleförderung auf der Zeche Brassert aufgenommen wird, werden Menschen gebraucht, für die Wohnungen gebaut werden müssen. Der Name der Zeche wird auf die hier entstehende neue Siedlung übertragen: (Hermann) Brassert. Er ist der Verfasser des Allgemeinen Berggesetzes von 1865, war aber nie in Marl. Dessen Bruder Carl Alexander ist mit Marie Stein verheiratet, der Tante von Paul Stein. Und dieser Paul Stein hat wie kein anderer die Entwicklung von Marl beeinflusst.

Er setzte die Bezeichnung „Hüls“ für den Standort der Zeche Auguste Victoria durch, die er bis 1939 leitete. Er vergab zahllose Straßennamen, war an der Ansiedlung der Chemischen Werke beteiligt und setzte auch dort „Hüls“ als Teil des Firmennamens durch.

Schon in den 60er Jahren bangten die Bergleute auf Brassert

Bis in die 30er Jahre litt Marl unter den Zechen. Die notwendigen Investitionen in Straßen oder Schulen waren einfach nicht zu stemmen. Immer mehr Menschen strömten nach Marl, Hüls wuchs zu einem Zentrum heran, sodass die Gemeinde 1936 zur Stadt „erhoben“ wurde.

Die Kohle war auch ein Grund, weshalb hier ein Buna-Werk gebaut wurde. Doch erst nach dem Krieg ging es richtig los. Das Ruhrgebiet und seine Kohleförderung wurde zum Aufschwungsmotor Deutschlands. Und endlich konnte auch Marl davon profitieren. 1957 hat AV mit 11.030 Mitarbeitern den höchsten Stand. Dazu kommen mehr als 4500 Beschäftigte auf der Zeche Brassert. Doch schon in den 60er Jahren bangen die Bergleute auf Brassert: Auf Schacht 3 wird 1962 die Förderung eingestellt, 1968 geht der Betrieb auf die Ruhrkohle über, 1972 wird die Zeche abgerissen.

Es dauert 44 Jahre, bis AV das gleiche Schicksal ereilt. Zwischendurch wurden in den 50er Jahren 20 Prozent der deutschen Erzproduktion auf AV (Schacht 3) abgebaut, darunter 400 Tonnen Silber – bis sich das 1962 nicht mehr lohnt. Stattdessen geht es weiter nach Norden, nach Lippramsdorf. 1990 geht noch Schacht 9 in Betrieb. Erst in diesem Jahrtausend rücken die Probleme näher: Blumenthal wird angebunden, später Haltern 1/2.

Jetzt ist alles vorbei – fast alles. Die Bergehalden werden weit sichtbar bleiben, Das Gelände in Hüls dümpelt noch immer zu einem großen Teil ungenutzt vor sich hin. Für die künftige Nutzung der Fläche AV 3/7 gibt es grobe Ideen, über die Fläche AV 8 (teils Marl, teils Haltern) ist noch gar nicht gesprochen worden.

Der Bergbau lebt weiter in Marl: in Problemen, in Straßennamen und in den vielen Zechensiedlungen, die das Gesicht der Stadt prägen.

Samstag, 19. Dezember 2015, 14:50 • Verfasst in Marl

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