Brennende Fragen nach dem Chemieunfall

Chemiepark-Katastrophe: Revision rückt in den Mittelpunkt


Auch zu der Frage, was aus dem verseuchten Löschwasser geworden ist, verweigert der Chemiepark jede Auskunft.

Marl. Die Frage, wie es zu dem tödlichen Unglück im Chemiepark kommen konnte (das Sonntagsblatt berichtete), beschäftigt Gutachter und die Staatsanwaltschaft. In den Mittelpunkt rückt die Frage, ob die Revision, die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung der Anlage, möglicherweise nicht korrekt durchgeführt wurde.

Hätte das Materialversagen, das zum Austritt von CDT (Cyclododecatrien, ein mit Luft explosionsfähiges Gemisch) geführt hat, früher erkannt werden müssen? Thomas Lange, Pressesprecher des Evonik-Geschäftsbereichts High Performance Polymers, will sich nicht dazu äußern, wann die letzte Revision war und in welchen Abständen sie durchgeführt werden muss. Aus dem Chemiepark heißt es, sie sei erst „kürzlich“ gewesen. Auch Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen äußert sich nicht zu der Frage. Er verweist darauf, dass die Ermittlungsergebnisse aus dem Chemiepark noch nicht vorliegen. Der Chemiepark selber habe eigene Untersuchungen zur Unglücksursache in Auftrag gegeben, nur so viel will Lange sagen.

Welchen Einfluss hatten die Wartungsarbeiten, die gerade abgeschlossen waren, als die Anlage wieder hochgefahren wurde? Der Chemiepark schweigt.

Nicht so leise ging es bereits in einem anderen Punkt zu: Mehrere Mitarbeiter haben gewaltigen Ärger bekommen, weil sie sich zwar zu Arbeitsbeginn eingetragen hatte, aber beim Arbeitsende am Samstagmittag sich nicht wieder austrugen. Deshalb vermuteten die Rettungskräfte zunächst mehrere Menschen im mehrere hundert Grad heißen Feuer. Vier Ärzte aus dem Chemiepark und weitere Ärzte aus der Umgebung waren zusammengezogen worden. Erst später stellte sich heraus, dass neben den beiden Männern, die tödliche Verbrennungen erlitten hatten, keine weiteren Verletzten zu beklagen waren. Außer dem Feuerwehrmann, der eine Knieprellung erlitt.

Die Wehren des Chemieparks und der Stadt Marl pumpten mehrere tausend Liter Wasser mit einer Spezialchemie auf die Anlage, um die Flammen zu ersticken und zu verhinden, dass sich neue brennbare Stoffe bildeten. Die riesige Löschmenge stellte sich schließlich als Problem heraus, der Chemiepark konnte sie nicht „verarbeiten“. Deshalb mussten mehrere Containerschiffe aus Rotterdam angefordert werden, die das mit Ruß und Chemikalien versetzte Wasser in die Niederlande schaffte. Dort wurde das Wasser dann „verbrannt“.

Selbst dieses Thema unterliegt im Chemiepark der Geheimhaltung. Weder zur Menge der Schiffe, noch zur Menge des Löschwassers oder zur Methode, wie das Wasser entsorgt wird, wollte sich der Sprecher des Geschäftsbereichs High Performance Polymers äußern.

Derartig verunreinigtes Löschwasser muss über Drehrohröfen und kleine Düsen fein zerstäubt in Sondermüllverbrennungsanlagen bei über 1000 Grand „verbrannt“ werden. Während anderen Orts offen über die Lösungswege bei verseuchtem Löschwasser gesprochen wird, verweigert der Chemiepark jede Auskunft.

Samstag, 21. April 2012, 15:30 • Verfasst in Vest

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