Das Herz wird nicht dement

Herten. Es wird still in den Räumen des Caritasprojektes „Lichtpunkte vor Ort“ in Herten. Der Klang einer goldenen Schale erfüllt den Raum. Gitta Alandt gibt heute den Ton an. Die Fachfrau für Gerontopsychiatrie weiß, dass „solche Klänge Kontraktionen bei Menschen mit Demenz lösen und die innere Ruhe von Betroffenen fördern können.“ Seit Januar bereiten sich zehn Hertener Frauen mit der Fortbildung „Das Herz wird nicht dement“ auf ihre ehrenamtliche Mitarbeit in dem Projekt vor. Sie lernen eine würdigende und stützende Begleitung dementer Menschen kennen. „Lichtpunkte vor Ort“ ist ein niederschwelliges Betreuungs- und Begleitungsangebot für Menschen mit Demenz und pflegende Angehörige. „Wir entlasten die Angehörigen, indem wir ein- oder zweimal wöchentlich die Begleitung ihrer dementen Angehörigen übernehmen“, erklärt Sandra Thomaszik, Koordinatorin des Projektes. Über 20 Ehrenamtliche sind schon dabei. Dienstags und donnerstags ist das Angebot in der Hertener Ewaldstraße von 10 – 18 Uhr geöffnet. Nach vorheriger Anmeldung können gleichzeitig neun demente Gäste teilnehmen. „Die kognitiven Fähigkeiten gehen bei Menschen mit Demenz zurück. Über die Sinne schaffen wir aber Kommunikation“, so Alandt. „Die Menschen mit Demenz freut es, dass sie sich erinnern und ihrem Gesprächspartner etwas erzählen können.“ Die Zugänge zu diesen Erinnerungen sind scheinbar unbegrenzt. Knöpfe, Stoffe, Musik, Werkzeuge, Schwämme, Sand und Schmuck hat die Musiktherapeutin heute beispielhalft dabei. Und der Praxisversuch funktioniert. „Gib mir lieber eine Laubsäge, damit kann ich mehr anfangen“, lacht eine Teilnehmerin, als sie ein Stück Stoff in die Hände nimmt. „Diese Seminarreihe macht den Teilnehmerinnen über das Verstehen Mut und gibt ihnen über das Ausprobieren Sicherheit im Umgang mit dementen Menschen“, so Thomaszik, Mitarbeiterin der Hertener Caritas. Bis zum 25.02.2011 werden noch medizinische Grundlagen, Ernährung bei Demenz, 1. Hilfe und die Gefühlswelt von Betroffenen thematisiert. Erst danach entscheiden sich die Frauen, ob sie bei „Lichtpunkte vor Ort“ mitmachen möchten. „Ca. 1800 Menschen sind in Herten an einer Demenz erkrankt“, schätzt Caritasgeschäftsführer Matthias Müller. Seit November 2010 schafft das Angebot wichtige Auszeiten für pflegende Angehörige und gibt ihnen Kraft für die tägliche, verantwortungsvolle Arbeit. „Sie haben die Möglichkeit in Ruhe zum Arzt zu gehen, das Auto reparieren zu lassen oder einfach in einem Café zu entspannen“, so Müller. Das Engagement soll aber auch das Krankheitsbild Demenz in der Öffentlichkeit bekannter machen und die soziale Teilhabe von Menschen mit Demenz erhöhen. Für das Projekt wurde ein zentrales Ladenlokal angemietet und auf die Demenzarbeit angepasst. So wird das Thema geografisch in der Hertener Öffentlichkeit verortet. Die große Zahl von Ehrenamtlichen fördert außerdem die gesellschaftliche Auseinandersetzung und die Kommunikation über das Krankheitsbild. Gemeindegruppen, Schüler und Kindergartenkinder werden in den Räumlichkeiten empfangen und über die Demenzarbeit informiert. Es werden auch gemeinsame Aktivitäten organisiert. „Mit der Kirchengemeinde St. Antonius haben wir einen starken Partner in Herten gefunden“, berichtet Matthias Müller. Pfarrer Norbert Mertens steht den Ehrenamtlichen als Ansprechpartner zur Verfügung. Mit dem Lichtpunkte-Team organisierte er bereits fünf Gottesdienste, um die Gemeinde auf das Thema aufmerksam zu machen und das Projekt „Lichtpunkte vor Ort“ vorzustellen.

Sonntag, 20. Februar 2011, 12:55 • Verfasst in Herten

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