Patient wird mit 215.000 Euro entschädigt

Vest (eib). Mit 215.000 Euro hat das Landgericht Bochum den Leidensweg eines 55-Jährigen aus dem Kreis Recklinghausen abgefunden. Der Mann hatte die „Schaufensterkrankheit“. Sieben Monate nach diesem Befund entging er ganz knapp einer Beinamputation, weil sein Krankenhaus offenbar eine ganze Reihe von Fehlentscheidungen getroffen hatte. Davon konnte der Marler Patienentenanwalt Stefan Hermann das Gericht überzeugen.

„Schaufensterkrankheit“ nennt man das Problem, wenn Menschen wegen Durchblutungsstörungen und Schmerzen in den Beinen ständig stehen bleiben müssen – unauffälligerweise am liebsten vor Schaufenstern.

Die dicken, schmerzhaften Beine des Mannes ließen bei seinem Hausarzt gleich den richtigen Verdacht aufkommen. Drei Monate später wurden ihm im Krankenhaus im rechten Bein ein Stent gesetzt, links ein Bypass. Die Ärzte setzten sich über die Empfehlung eines Facharztes aus Mülheim hinweg, den der Mann auch noch gefragt hatte. Doch davon erfuhr der erst nach der Operation.

Dreieinhalb Monate später kam die zweite Operation: Der Bypass hatte sich verschlossen. Im nächsten Monat zwei weitere Operationen, weil der Mann über starke Schmerzen klagte und weil der Bypass ausgewechselt werden musste.

Doch die Schmerzen blieben, das Bein verfärbte sich blau. Im nächsten Monat gab es eine Notfalloperation in Mühlheim, der Bypass musste sofort entfernt werden. „Ganz knapp“, so der operierende Professor, sei er an einer Beinamputation vorbei gekommen. Genau diese Amputation hatte in dem vorherigen Krankenhaus auf dem Plan gestanden.

Der Gutachter fällte ein vernichtendes Urteil: Die Aufklärung des Patienten war mangelhaft, die erste Operation nicht fachgerecht und wies schwere technische Fehler auf. Statt den Patienten wegen des Misserfolges in eine Fachklinik zu verlegen, versuchten es die Ärzte weiter. „Dass fast alle Operationen trotz Misserfolg immer wieder im beklagten Krankenhaus durchgeführt wurden und nicht in einer hochspezialisierten gefäßchirurgischen Klinik, bleibt unverständlich. Hier hätte das Wohl des Patienten über den Ehrgeiz der Recklinghäuser Operateure gestellt werden müssen.“

Inzwischen hat der Patient 215.000 Euro erhalten, das Ergebnis eines Vergleiches. Der Marler Fachanwalt für Medizinrecht und Arzthaftungsexperte Stefan Hermann sieht das als großen Erfolg: Schließlich hätte der Mann ohnehin wegen seiner Durchblutungsstörungen operiert werden müssen. Die 215.000 Euro hat es also nur wegen der Verzögerungen und der überflüssigen Nachoperationen gegeben. Mit seinem schmerzlichen Leidensweg ist der Mann höchst unzufrieden. Mit dem juristischen Erfolg seines Anwaltes Stefan Hermann in dieser Angelegenheit ist er dagegen höchst zufrieden: „Sensationell“.

Samstag, 25. Juli 2009, 14:17 • Verfasst in Vest

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