Weichmacher und hartes Sparen im Chemiepark


Vest (eib). Kurzarbeit und Fortbildung, Millionen-Investitionen und Millionen-Sparprogramm. Der größte Arbeitgeber der Region, der Marler Chemiepark, ist von Wirtschaftsflaute ebenso betroffen wie von steigender Nachfrage. Doch Sonderregelungen mildern die finanziellen Nöte der Kurzarbeiter. Mit Ausbildungsprogrammen will man am Ende sogar gestärkt aus der Krise herauskommen. Aber die Mitarbeiter sollen auch auf Lohn verzichten.

Als vor einigen Wochen Evonik Degussa für rund 470 Mitarbeiter Kurzarbeit anmeldete, gab es kein lautstarkes Aufstöhnen. Denn schon seit den 80er Jahren gibt es in der Chemie die Regelung, dass das Nettogehalt auf 90 Prozent aufgestockt wird – in vielen anderen Industriezweigen gibt es nur 60 bzw. 67 Prozent vom Arbeitsamt.

Als nächstes schnürte der Chemiepark ein berufsnahes Schulungspaket mit 30 Maßnahmen: Instrumentelle Analytik im Labor, neue Messverfahren, moderne Prozessleitertechnik bis hinzu Planung, Lenkung und Umsetzung von Qualitätsmanagement-Maßnahmen. Am Ende stehen Zertifikate, externe Prüfungen vor IHK oder TÜV Nord. Vom Ergebnis profitieren Arbeitnehmer wie Unternehmen. Und damit hatte man der Krise sogar noch eine gute Seite abgewonnen.

Überhaupt keine Krise sieht man bei Oxeno. Hier werden Millionen investiert, um die Kapazität von Weihmacher-Alkoholen (macht sprödes PVC flexibel) um 60.000 Jahrestonnen auf 400.000 zu erhöhen. Im zweiten Halbjahr 2009 soll die Anlage in Marl in Betrieb genommen werden.

Die Ausrichtung auf die Zukunft dokumentiert auch das 8400 qm große Labor- und Technikumsgebäude, das kurz vor der Fertigstellung steht. 20 Millionen Euro kostet der Neubau, rund 200 Menschen werden hier im ersten Schritt arbeiten.

Keine Einschnitte soll es bei den Ausbildungsplätzen geben: Im Herbst werden 200 junge Menschen anfangen, im Schnitt sind 700 in Ausbildung.

„Die wirtschaftliche Lage ist derzeit alles andere als rosig“, warnt gleichwohl Dieter Peters, Betriebsratsvorsitzender des Gemeinschaftsbetriebes Marl, in der Standortzeitung „InForm“. In dieser Woche kündigte der Gesamt-Konzern Pläne an, in den nächsten Jahren 500 Millionen einsparen zu wollen, 100 Millionen allein bei Löhnen. Die Gewerkschaftsverhandlungen stehen kurz vor dem Abschluss.

Auf die jährliche Erfolgsbeteiligung, die zur Jahresmitte ausgezahlt wird, müssen die Mitarbeiter zu „einem kleinen Teil“ verzichten, kündigte der Konzern-Betriebsratsvorsitzende Ralf Hermann an. Damit soll die Kurzarbeit finanziert werden. Schon vor einigen Jahren hatten die Beschäftigten derart Solidarität gezeigt, um damit „arbeitsplatzsichernde Maßnahmen“ zu sichern.

Die Einsparungen gehen aber ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer. Die Dividende an die Anteilseigner CVC Capital Partners und RAG-Stiftung erhöht sich gleichzeitig um 40 auf 320 Millionen Euro.

Samstag, 28. März 2009, 13:57 • Verfasst in Marl, Vest

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