Flugplatz im Sturzflug – Bebauungsplan fehlt

Marl. Ein Flugplatz ohne Bodenhaftung – das hört sich wie die böse Karikatur von Flugplatzgegnern an. Es ist aber das überraschende Geständnis der Stadtverwaltung: Es gibt keinen entsprechenden Flächennutzungsplan, es gibt keinen Bebauungsplan. Seit Jahrzehnten hat die Verwaltung die Öffentlichkeit getäuscht. Alles was der Rat über Jahrzehnte genehmigt hat, hätte er gar nicht genehmigen dürfen, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gab.

Im Rathaus braut sich gerade eine peinliche Katastrophe zusammen, nachdem sich das Landesverkehrsministerium gemeldet hat und endlich Klarheit verlangt. Im Stadtplanungsausschuss nahmen die Kommunalpolitiker eine eineinhalbseitige Darstellung der Verwaltung kommentarlos entgegen – ihnen waren die Hintergründe offenbar unbekannt.

Überraschend gezielt und offenbar gut informiert hatte Paul Wagner (Wählergemeinschaft Grüne) nach den Rechtsgrundlagen des Flugplatzgeländes gefragt.

Baudezernent Wolfgang Seckler musste eingestehen: Einen Flächennutzungsplan mit dem Flugplatz gibt es gar nicht, ein Bebauungsplanverfahren war in den 60er Jahren nicht zu Ende geführt worden. Warum, konnte er nicht sagen. Das war weit vor seiner Zeit.

Trotzdem wurde genehmigt: Betriebsgebäude und Gaststätte, Fliegerschule und Fliegerklub, Zuschauerterrasse und Betriebsleiterwohnung, neuer Kontrollturm, Tankstelle, vier Flugzeughallen, zwei Rundhallen, Flughafenrestaurant, Toiletten, und so weiter.

„Das hätte nicht genehmigt werden dürfen“, wundern sich Fachleute außerhalb des Rathauses. Nur was zum unmittelbaren Betrieb des Verkehrslandeplatzes gehört hätte, war und ist erlaubt.

Jetzt hat die Betreibergesellschaft den Bau einer weiteren Halle beantragt. „Das kann auf keinen Fall genehmigt werden“, ist der Baudezernent sicher.

Und was ist mit den Gebäuden, die bereits stehen? Am Montag gibt es im Rathaus ein Treffen mit Vertretern der Regierungspräsidenten. Gesucht wird eine Lösung für das seit mehr als 50 Jahren falsche Vorgehen der Stadtverwaltung.

Am Anfang wird wohl das Geständnis stehen, dass die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten getäuscht wurde. Als nächstes könnte man ein Bebauungsplanverfahren einleiten, um nachträglich die Gebäude zu legalisieren. Ob dafür eine Ratsmehrheit zu finden ist, scheint noch nicht sicher. Denn damit gäbe es auch eine Basis für die Genehmigung weiterer Gebäude und einer Flugplatz-Ausweitung.

Oder man könnte festschreiben, dass die betriebsnotwendigen Gebäude bleiben (Bestandsschutz). Damit würde eine Ausweitung ausdrücklich unterbunden. Und einige Einrichtungen (z.B. Außengastronomie) müssten verschwinden. Auch der Weiterbetrieb der Fallschirmspringer wäre damit gefährdet.

Letzteres würde aber auch bedeuten, dass der Flugplatz keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr hat. Und damit vielleicht unwirtschaftlich wird.

Die einen hoffen das, die anderen befürchten es.

Sonntag, 26. September 2010, 11:05 • Verfasst in Vest

1 Kommentar:

Nawothnig schrieb,

Kommentar • 27. September 2010 @ 12:05

Langsam! Wahrscheinlich ist der Flugplatz älter als das Planungsinstrument “Flächennutzungsplan”. Und ein Bebauungsplan ist auch nicht zwingend erforderlich. Viele Flugplätze existieren ohne diesen B-Plan, den eine Stadt in Außenbereichen keinesfalls erstellen MUSSS, sondern erstellen KANN. Wenn es keinen gibt, kann die Luftfahrtbehörde (in NRW das zuständige RP) alle flugplatztypischen Bauten genehmigen, also durchaus auch Restaurant und Fluzeughallen. Deshalb sind das höchstwahrscheinlich keine Schwarzbauten.
Dieser ganze Juristen-Alarm dürfte wohl aus taktischen Gründen von Flugplatzgegnern ausgelöst worden sein.


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