Keine Jagd auf Raucher – Stichproben hier und da

Wirt Kaiser raucht selber. FOTO: Cornelius

Kreis (eib). Nein, es gibt keine „Raucherpolizei“. Aber das heißt nicht, dass Nicht-Raucher nicht die Polizei rufen können, wenn eine Gefahr vorliegt. Und das betrifft auch eine Gefahr für die Gesundheit.

Hört sich kompliziert an, ist es auch. Denn möglicherweise bekommt die Polizei ab Dienstag mehr zu tun: Wenn Nicht-Raucher sie zu Hilfe rufen, weil ein Wirt nicht das Rauchverbot in seinen Räumen durchsetzt. „Wir werden dann erste Maßnahmen treffen“, erklärt Polizei-Pressesprecher Andreas Weber, wenn das Ordnungsamt der Stadt nicht erreichbar ist.

Derartige Hilfsdienste sind schon immer Sache der Polizei. Sie kümmerte sich auch um die Einhaltung des Jugendschutzes. Die Fakten werden notiert, ein Bericht wird geschrieben - die Konsequenzen hat anschließend die städtische Behörde umzusetzen.

Denn genau genommen ist das Ordnungsamt zuständig. „Wir haben aber keinen 24-Stunden-Service“, erklärt der Pressesprecher der Stadt Marl, Rainer Kohl. Man habe schon im Vorfeld die Betriebe vor Ort informiert und auf die neuen Bestimmungen hingewiesen. „Und selbstverständlich werden wir die Einhaltung auch kontrollieren.“ Schon allein wegen der personellen Situation sei man nicht in der Lage, umfassend und permanent zu kontrollieren, so Kohl. „Aber wir machen Stichproben.“

Beschwerden von Bürgern sind hier an der richtigen Stelle. Bei den Ordnungsämtern der Städ-te können Anzeigen erstattet werden. Marl bittet darum, dass betroffene Bürger das schriftlich machen oder selber im Rathaus vorbeikommen. Selber vor Ort die Anzeige aufnehmen – so weit gehe man nicht.

Ermahnung bis Verwarnung

Von Ermahnungen über Verwarnungen bis hin zum Bußgeld reichen die Einflussmöglichkeiten. Doch so weit mag der Pressesprecher gar nicht denken: „Wir machen keine Jagd auf Raucher.“

In Oer-Erkenschwick wird die Lage ähnlich gesehen. „Wir sind personell gar nicht in der Lage, alle Kneipen laufend zu kontrollieren. Wir haben daher die Umsetzung der Vorschrift den Wirten überlassen“, erklärt Pressesprecher Peter Raudszus.

Stadt Datteln sieht es rigoros

Etwas rigoroser sieht das offenbar die Stadt Datteln. „Wir werden unseren Außendienst in die Dattelner Gaststätten schicken, um darauf zu achten, dass alle Verbotsschilder aufgehängt sind. In Einzelfällen werden wir in den Abendstunden Gaststätten stichprobenartig daraufhin kontrollieren, ob das Verbot eingehalten wird. Auf Anzeigen von Bürgern werden wir in jedem Fall sofort reagieren,“ erläutert Pressesprecher Dirk Lehmanski das Vorgehen der Kanalstadt.

Mit Augenmaß und Einfühlungsvermögen soll der Nichtraucherschutz in der Kreisstadt durchgesetzt werden. „Aber wir sind keine Nichtraucherpolizei“, stellt Axel Petersmeier, Leider des Fachbereichs Ordnung fest, „aber wir werden im Rahmen der normalen Kontrollen nicht wegschauen, was die Umsetzung des Gesetzes betrifft.“

Die Sicht der Wirte und Gäste

Wenn am kommenden Dienstag die Glimmstengel in den Gaststätten aus bleiben müssen, werden in vielen Kneipen auch die Stammgäste ausbleiben. Das befürchten alle der vom Sonntagsblatt befragten Wirte.

Diktatorischer Einschnitt in die Privatsphäre

„Die erste Fassung, nach der die Gastronomen draußen ein Schild mit „R“ oder „NR“ für Raucher oder Nichtraucher aufhängen sollten, hätte ich mir ja noch gefallen lassen“, ärgert sich Ralf Kaiser vom Germanenkrug über das rigorose Verbot. Er muss seine Kneipe rauchfrei halten, denn es ist eine sogenannte Ein-Raum-Gaststätte. Für ihn steht fest: „Für viele ist das Ende der Gastronomie programmiert. Ich halte das für einen diktatorischen Einschnitt in die Privatsphäre.“

Hermann Schulte-Mattler, Betreiber eines Speiserestaurants hat es da ein wenig einfacher. „Ich kann Räumlichkeiten für die Nichtraucher-Zone abtrennen.“ Dennoch beklagt er, „dass das auf dem Rücken der Wirte ausgetragen wird. Ich finde es unerträglich, dass ich erwachsenen Leuten sagen soll, was sie zu tun oder zu lassen haben.“

Ähnlich sehen das auch die Gäste. „Es kann doch nicht sein, dass mir vorgeschrieben wird, was ich in meiner Freizeit mache. Wenn ich in meiner Kneipe nicht mehr rauchen darf, dann bleibe ich eben zu Hause“, erklärt Margitta Köth und ihr Lebensgefährte Rolf Allhorn nickt zustimmend.

Raucherzelt im Biergarten

Ebenfalls als existenzbedrohend sehen die Wirte Uwe Hasenbeck von Mexican Cantina Johnny Canone in Datteln und Bert Büchsenschütz vom „Altes Gasthaus“ in Oer-Erkenschwick die Regelung zum Nichtraucherschutz.

Auch Büchsenschütz kann Räumlichkeiten abtrennen, doch Hasenbeck wird ein Raucherzelt im Biergarten aufstellen und im Herbst einen Anbau präsentieren. Beide sind davon überzeugt, dass viele Existenzen gefährdet sind.

Samstag, 28. Juni 2008, 12:49 • Verfasst in Vest

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