Post vom Finanzamt lässt auf sich warten

Einer von bis zu 16 Mitarbeitern in der Zentralerfassung vor acht Stapeln mit tausenden Steuererklärungen, die allein in der ersten Wochenhälfte hereingekommen sind. FOTO: Mengedoht

Dorsten/Marl/Haltern (eib). Die einen erwarten ihn sehnsüchtig, andere können gut auf ihn verzichten: Den Brief vom Finanzamt. Es gebe eine „extrem lange Bearbeitungszeit“ in diesem Jahr in Marl, beschwert sich ein Dorstener. Und Steuerberater pflichten dem bei: Zuletzt habe es im (für Dorsten zuständigen) Finanzamt Gladbeck kräftig gehakt. Und nach der Zusammenlegung mit Marl sei es nicht besser geworden.

„Meine Tochter hat ihre Erklärung zum Lohnsteuerjahresausgleich bereits im Februar 2008 abgegeben und bis heute keine Reaktion erfahren. Ich habe meine Erklärung Anfang März online per Elster abgegeben und auch noch nichts gehört“, schreibt Peter Gernhard (Name von der Redaktion geändert) verärgert.

Offensichtlich kein Einzelfall. Und erst recht kein Extremfall, wie Steuerberater berichten. In einem Fall warte man bereits seit fast einem Jahr auf eine Reaktion des Finanzamtes. Sachbearbeiter reagierten nervös auf Nachfragen. Und auch Peter Gernhard möchte „namensneutral“ seinen Fall vortragen: „Da man ja nie weiß, wie Finanzbeamte reagieren, wenn man sie stört oder belästigt.“

Dass Gladbeck zuletzt in Zeitnöten steckte, ist kein Geheimnis: Es gab einen hohen Krankenstand und vor dem Umzug blieb wohl so manche Akte liegen – für den nächsten Sachbearbeiter im Finanzamt Marl.

Hier warb die neue Chefin Heike Hürland zunächst um Verständnis: Die Zusammenführung, die Neuorganisation, geänderte Steuernummern und die alten Rückstände machen Verzögerungen erklärbar. Aber monatelanges Warten? „Das kann nicht sein“, erklärt sie sicher. „Wir haben im Schnitt eine Bearbeitungszeit von 32 Kalendertagen.“ Das ist kaum mehr als ein Monat.

Generelle Aussagen, in Marl würde es besonders lange dauern, lässt sie nicht gelten. Mag sein, dass es einen Arbeitsrückstand im Einzelfall gebe. Wenn etwas ausführlich geprüft werden müsse, dann dauere das eben länger.

Auch „patzige Bemerkungen“ von Sachbearbeitern auf telefonische Nachfragen will sie nicht stehen lassen. Gleichwohl soll Anfang Juni ein „Klimagespräch“ mit Steuerberatern stattfinden, um gezielt auf Kritik reagieren zu können.

Dass es zu einem Stau zwischen Februar und Mai kommt, wissen Steuerberater wie Finanzbeamte. Gleichwohl wird nach der Reihenfolge des Einganges abgearbeitet. Und nicht etwa würden alte und neue Fälle „durchmischt“, wie in der Öffentlichkeit spekuliert wird.

Angst vor kritischen Anmerkungen sollten die Steuerpflichtigen nicht haben, so die Finanzamtschefin. „Ich bin die letzte, die von berechtigten Verärgerungen nichts hören will.“ Wenn Serienfehler vorliegen, müsste denen nachgegangen werden.

Ansonsten sprechen die Zahlen für das Finanzamt Marl: 32 Kalendertage Bearbeitungszeit sind noch kein Grund für eine laute Kritik. Und wenn es viel länger dauert, dann könne es sich nur um einen extremen Einzelfall handeln. Schließlich müssten 80 000 Steuererklärungen von Arbeitnehmern und Rentnern bewältigt werden, wöchentlich gegen bis zu 2500 ein. Bei so viel Arbeit möge man doch auch von Nachfragen absehen – um die Erledigung nicht noch weiter zu verzögern.

Samstag, 31. Mai 2008, 13:22 • Verfasst in Marl, Haltern, Dorsten

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