Der Stadt Marl fehlen rund 70 Mio. Euro

Haushaltsplan 23: Verwaltung rechnet mit Millionendefizit

Die Stadt Marl rechnet für 2023 mit einem dicken Minus in der Haushaltskasse. Nach Angaben der Verwaltung werden rund 70 Mio. Euro fehlen. Das zeigt der Haushaltsplanentwurf, der in dieser Woche in der Sitzung des Rates der Stadt Marl eingebracht wurde. Trotz der schlechten Zahlen soll es keine Anhebung der Steuern geben.

Die anhaltende Coronapandemie, der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Energiekrise sowie die Folgen der Inflation wirken sich in 2023 direkt auf den Haushalt der Stadt Marl aus. Allein die coronabedingten Ausgaben werden sich auf rund 28 Mio. Euro belaufen. Hinzu rechnet die Stadt mit hohen Sachaufwendungen von fast 83 Mio. Euro – unter anderem aufgrund des Ukraine-Krieges. Das sind rund 11 Mio. Euro mehr als bislang kalkuliert. Aktuell plant Finanzdezernent und Kämmerer Michael Dinklage im kommenden Jahr mit Erträgen von rund 300 Mio. Euro, die Aufwendungen betragen knapp 370 Mio. Euro. Demnach werden der Stadt Marl voraussichtlich 70 Mio. Euro in der Kasse fehlen.

Stadt rutscht in Haushaltssicherung

„Unser Haushalt wird eine echte Herkulesaufgabe“, sagte Bürgermeister Werner Arndt in seiner Haushaltsrede. Mit dem geplanten Defizit rutsche die Stadt nur ein Jahr nach Ende des Stärkungspaktes wieder in die Haushaltssicherung. Steuererhöhungen seien trotz der massiven Belastungen weiterhin „kein Thema“. Arndt: „Aber ohne weitere Hilfen von Bund und Land werden wir alleine einen Haushaltsausgleich und damit einen genehmigungsfähigen Haushalt nicht erreichen können.“ Vor allem die Altschulden seien „eine enorme Belastung, die Handlungsspielräume raubt.“ Arndt: „Die Altschulden hängen uns schon viel zu lange wie ein Klotz am Bein. Damit muss jetzt Schluss sein! Wir brauchen endlich einen kommunalen Solidarpakt. Das ist die aus meiner Sicht einzige Grundlage, damit in Marl und den anderen Städten wieder nachhaltig in die Zukunft finanziert werden kann.“

Marl erzielt deutlich weniger Gewerbesteuereinnahmen

Laut Kämmerer Michael Dinklage habe die Stadt in den vergangenen Jahren „sehr gut gewirtschaftet“ und als Stärkungspakt-Kommune den Haushalt „wieder ins Gleichgewicht bringen können.“ Dinklage: „Jetzt aber treffen uns die Krisen besonders schwer, denn unser gespartes Eigenkapital reicht nicht aus, um den Schaden kurzfristig auszugleichen.“ Der Kämmerer geht zudem davon aus, dass die Gewerbesteuereinnahmen sich in den nächsten Jahren nicht mehr auf einem so hohen Niveau bewegen wie zuletzt.

Nachdem die Stadt 2016 und 2018 ein Gewerbesteueraufkommen von jeweils über 100 Mio. Euro verbuchen konnten, brachen die Gewebesteuern im ersten Corona-Jahr 2020 auf knapp 30 Mio. Euro ein. Mit einem geplanten Ansatz für 2023 in Höhe von fast 59 Mio. Euro sei Marl „noch weit von den erzielten Gewerbesteuereinnahmen der Vorjahre entfernt.“

Kämmerer erwartet weniger Schlüsselzuweisungen

Nachteilig zu Buche schlägt, dass die Stadt Marl aufgrund ihrer hohen Steuereinnahmen in den Vorjahren etwa 32 Mio. Euro weniger als erwartet an Schlüsselzuweisungen vom Land erhalten wird. Hinzu kommen erhöhte Personalausgaben aufgrund von Stellenausweitungen im Rettungsdienst und der Bauverwaltung. Auch die Tarifverhandlungen müsse die Stadt laut Bürgermeister und Kämmerer „im Auge behalten“. Trotz der hohen Mehraufwendungen können wichtige Investitionen in den Bereichen Bildung, Klimaschutz und Mobilität weiter vorangetrieben werden. Schwerpunkte der im nächsten Jahr geplanten Baumaßnahmen in Höhe von 130 Mio. Euro werden im Bereich der Sanierung des Rathauses (ca. 55 Mio.), dem Neubau der Goetheschule (ca. 13 Mio.) und der Maßnahmen aus dem Radentscheid (ca. 8 Mio. jährlich) liegen.

Bürgermeister appelliert an Ratsfraktionen

„Angesichts der aktuell unsicheren wirtschaftlichen Prognosen appelliere ich an alle im Rat vertretenen Fraktionen, auch in Zukunft finanziell umsichtig zu planen“, sagte Bürgermeister Werner Arndt. „Um die Konsolidierung und die insgesamt erfreuliche Haushaltsentwicklung der vergangenen Jahre nicht zu gefährden, müssen Risiken für den Haushalt identifiziert und genau im Blick behalten werden. Die während des Stärkungspakts von der Stadt Marl unter Beweis gestellte Haushaltsdisziplin wird sicherlich dabei helfen, die Herausforderungen der kommenden Haushaltsjahre zu bewältigen.“

Die Marler Haushaltsplanungen für das nächste Jahr verzögern sich. Daher wird der Stadtrat nicht wie ursprünglich geplant in seiner November-Sitzung über den Haushaltsplanentwurf 2023 entscheiden, sondern voraussichtlich erst im Dezember.

Samstag, 29. Oktober 2022, 12:53 • Verfasst in Marl

Keine Kommentare

Einen Kommentar hinterlassen

Sie müssen eingeloggt sein um einen Kommentar zu hinterlassen.