Auf Wiedersehen Utopia

Projektwoche in Barkenberg – Zukunft und Vergangenheit des Stadtteils


Foto: Bludau

Dorsten. Trotz anfänglicher Regenschauer und kühlen Temperaturen wurde die feierliche Eröffnung der Projektwoche „Auf Wiedersehen Utopia“ am Samstagnachmittag ein Erfolg. Acht Studenten und ihr Professor samt wissenschaftliche Helfer vom Institut für Architektur der TU Berlin hatten in den vergangenen Tagen auf einer Wiese an der Dimker Allee einen sechs Meter hohen Pavillon aufgebaut.

Dabei wurde der Standort bewusst ausgewählt. Hier standen einmal die Mehrfamilienhäuser der Baugruppe Marschall und in Sichtweite sind die Finnstadt und das Habiflex zu finden. Günther Marschall war ein deutscher Architekt und Stadtplaner, der ebenfalls an der Technischen Hochschule in Berlin studierte.

Cooles Wohnen

Zur Einweihung dieser Architektur-Skulptur und den Beginn der Projektwoche gab es Mitten in Barkenberg ein buntes Programm, dem mehrere Dutzend Gäste beiwohnten. Mit zwei Vorträgen und einer anschließenden lebhaften Diskussionsrunde ging es weiter. Die Frankfurter Professorin Maren Harnack provozierte mit dem Vortrag „Baumonster - I love you“. Am Beispiel Englands berichtete sie über die neuerdings gestiegene Wertschätzung des Massenwohnungsbaus der 60er und 70er Jahre. Sie hätten oft innere Qualitäten wie gute Raumaufteilung. Die ersten Hochhäuser dort würden unter Denkmalschutz gestellt und es sei „cool“ geworden darin zu wohnen.

„SOS Brutalismus“ nannte Peter Torkar seinen Beitrag, wie die von ihm kuratierte große Ausstellung im Frankfurter Architekturmuseum. Der Name des Architekturstils kommt vom französischen „béton brut“, was roher, unbehandelter Sichtbeton bedeutet. Er zeigte Beispiele aus aller Welt, die heute oft vom Abriss bedroht seien. In der von ihm mit aufgebauten internationalen Datenbank www.sosbrutalism.org ist das Wulfener Habiflex aufgenommen worden.

Auch in den nächsten Tagen laden die Studenten zu Vorträgen und Gesprächen ein. Ziel ist die Neubewertung und Übertragung der Projekte in den aktuellen Diskurs. Das Spektrum der Formate reicht von Klanginstallationen und Workshops bis hin zu Diskussionsveranstaltungen zur Wohnungsfrage in der spannungsgeladenen Beziehung von Architektur, Wohnungsbau und sozialer Realität.

Die „Neue Stadt Wulfen“ gilt heute als exemplarisches und kontrovers diskutiertes Paradebeispiel einer Planstadt aus den 1960er Jahren. Neben der futuristisch anmutenden Stadtplanung mit strikter Trennung von Straßen und Fußgängerbereich waren besonders die vom Bund unterstützten Experimentalbauten Finnstadt, Metastadt und Habiflex wichtige Beiträge im Diskurs um neue Wohnformen und Bautypologien dieser Zeit.

Die junge und sehr wechselhafte Geschichte der „Neuen Stadt Wulfen“ spiegelt sich auch in der Entwicklung dieser Pionierprojekte wider: Während die Finnstadt eine Erfolgsgeschichte darstellt, wurde die Metastadt bereits 12 Jahre nach Fertigstellung wegen konstruktiver Mängel abgerissen. Als unbewohnbar erklärt steht das Habiflex seit Jahren leer und hat eine ungewisse Zukunft.

Weitere Termine:

Mittwoch 29. August, 18 Uhr
Metatalk: Wohnen, utopisch?
Diskussion und Vortrag mit Denkmalpfleger Dr. Hans H. Hanke und Architekt
Klaus Dömer (Bezahlbar. Gut. Wohnen.: Strategien für erschwinglichen
Wohnraum)

Samstag 1. September, 18:00 Uhr
Metatalk: Modernes Erbe
mit Beiträgen von Dr. Christine Kämmerer (Ruhrmoderne e. V.) und Juliane
Richter (Festival RASTER : BETON)

Sonntag 2. September, 15:00 Uhr
Metacafé: „Wolke Barkenberg“
Autorengespräch mit Lisa Danulat zur Klanginstallation von Lisa Danulat und
Michael Graessner mit Kaffee und Kuchen.

Sonntag, 26. August 2018, 12:15 • Verfasst in Dorsten

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