Ein Zweckbau als Kunstwerk

Bild: Das Umspannwerk vor 90 Jahren Foto: Othmer, Angenendt&Co., Dortmund.

Recklinghausen. Vor genau 90 Jahren wurde das Umspannwerk Recklinghausen in Betrieb genommen, seit 1994 stehen die verbliebenen drei Gebäude aus der Gründungszeit unter Denkmalschutz, und seit 2000 beherbergt das Umspannwerk einen Teil des Museums Strom und Leben und ist Ankerpunkt auf der Route der Industriekultur.

Als „Meisterwerk zeitgemäßer Baukunst“ wurde das Umspannwerk 1928 gefeiert und bei der Aufnahme in die Denkmalliste der Stadt Recklinghausen gelobt: Das Gebäude sei eines der wenigen technischen Bauwerke in Recklinghausen im Stil des Funktionalismus der 1920er Jahre mit den zeittypischen expressionistischen Elementen.

Als Standort des neuen Umspannwerks war ein Gelände nahe Emscher und des Rhein-Herne-Kanal gewählt worden, wo seit 1918 eine 5-kV-Umspannstation zur Versorgung von Recklinghausen und Herne stand.

Obwohl das Umspannwerk ein reiner Zweckbau ist, so war man doch bestrebt, dem Gebäude ein repräsentatives Äußeres zu geben. Auf ausdrücklichen Wunsch des Oberbürgermeisters wurde es in Ziegelbauweise ausgeführt und erhielt die Bezeichnung „Umspannwerk Recklinghausen“.

Ein Baudenkmal, das viel erzählt

Der Gebäudekomplex wurde klar gegliedert, um die Systematik der Arbeitsabläufe bereits von außen erkennbar zu machen. Bauliche Veränderungen wurden in den ersten Jahren nicht vorgenommen. Auch technische Neuerungen hatten zunächst geringe Auswirkungen auf das Erscheinungsbild. Mit der Errichtung einer 110-kV-Freiluftanlage 1940 wurden die Kapazitäten bedeutend erweitert. Sie wurde wegen der Chemischen Werke Hüls nötig, die unter hohem Energieaufwand den kriegswichtigen synthetischen Kautschuk Buna herstellten, und wegen des gleichfalls kriegswichtigen Hydrierwerks Scholven.

Die Halle wurde im Krieg völlig zerstört, nach dem Krieg provisorisch instandgesetzt und Anfang der 1960er Jahre durch einen Neubau ersetzt. Durch den Einbau neuer Transformatoren kam es 1966 zu weiteren Eingriffen in die Gebäudesubstanz.

Ende der 1980er Jahre entsprach das Umspannwerk nicht mehr dem technischen Standard. Die VEW, die Stadt Recklinghausen und das Westfälische Amt für Denkmalpflege begannen im Frühjahr 1991 mit der Wiederherstellung der historischen Gebäudesubstanz. Wirtschaftliche Erwägungen traten dabei zurück. Erhalten wurde ein Baudenkmal, das sehr viel erzählt von den Wandlungen unserer industriellen Gesellschaft.

Sonntag, 25. Februar 2018, 12:30 • Verfasst in Recklinghausen

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