Marler Stern: Jeden Tag ein Herausforderung
Bild: Das Einkaufszentrum wird im Inneren sein Gesicht kaum verändern. Doch Leerstände sollen verschwinden. Fotos: Grone
Marl. Das einstige Vorzeigeobjekt „Marler Stern“ ist in die Jahre gekommen und sanierungsbedürftig. Wie mehrfach berichtet, hat sich mit dem Marler Unternehmer Hubert Schulte-Kemper ein Investor gefunden, der die Willenskraft besitzt, den Stern wieder zum Strahlen zu bringen. Doch gibt es immer wieder neue Hürden, die zu nehmen sind. Ein plötzlich bekannt gewordener Investitionsstau in Höhe von neun Mio. Euro beim ehemaligen Karstadt-Parkhaus oder eine Grundbuchlast in Hinsicht auf einen vorhandenen Bergschadensverzicht lässt Geldgeber ins Grübeln und den Marler Stern ins Wanken bringen.
Sind die Ziele Schulte-Kempers noch zu stemmen oder muss das Großprojekt ad acta gelegt werden? Wir sprachen darüber mit dem Marler Unternehmer.
Für den Umbau des „Stern“ müssen noch immer neue Probleme gelöst werden
Bild: Muss sich fast täglich mit neuen Problemen herumschlagen: Der Marler Unternehmer Hubert Schulte-Kemper.
Es gab in den letzten 50 Jahren viele Ideen, wie eine Marler Stadtmitte aussehen könnte. Platz genug gab es ja auf der grünen Wiese zwischen Alt-Marl, Drewer und Brassert. Gebaut wurde eine großartige Wohn-Einkaufs-Anlage, ein Stern, der ins Ruhrgebiet und ins Münsterland leuchtete.
Aber wie das so mit Sternen ist, es muss auch mal nachpoliert werden. Eine undankbare Aufgabe, an die sich niemand herantraute. Inzwischen hat sich ein Marler daran gemacht: Hubert Schulte-Kemper. Er ist Vorstandsvorsitzender der Fakt AG, die die Realisierung stemmen will und die tief in den Vorbereitungen steckt.
Entscheidend für die Wiederbelebung ist, dass neue Mieter die Flächen füllen. Erst dann kann – nach deren Wünschen – der „Stern“ baulich verändert werden. „Ich kann behaupten, dass ich für jeden Quadratmeter qualifizierte Mietverträge verhandele“, erklärt Schulte-Kemper nicht ohne Stolz.
Immerhin gehören der Fakt AG rund 60 Prozent des Einkaufszentrums. Verhandelt würden über weitere 2500 qm, damit wäre man zu 70 Prozent Eigentümer des „Stern“.
Doch es lief nicht alles glatt. „Es gab Probleme, die wir lange nicht gesehen haben und nicht sehen konnten“, schildert Schulte-Kemper. Man habe überall nach Unterlagen für die Statik gesucht, aber nur Bruchteile gefunden. Denn die Eigentumsanteile steckten in Fonds, die weltweit „gewandert“ sind – „aber die Akten sind nicht mitgewandert“. Inzwischen hat man auf eigene Rechnung Statiken anfertigen lassen.
Schwindelerregender Reparaturstau: Nur auf dem Papier
Zum Problem wurde auch das Parkhaus, denn zunächst wurde einem Punkt nur eine geringe Bedeutung beigemessen: dem Reparaturstau. Die Fakt AG hat die Parkanlage von der Eigentümergemeinschaft übernommen, die es mal für 1 Euro gekauft hatte. Die hat nun im Kaufvertrag einen Reparaturstau von neun Millionen Euro genannt. „Eine unglaubliche Zahl. Dafür kann ich 30 Einfamilienhäuser bauen.“ Wie sollte das finanziert werden? Inzwischen gibt es neue Schätzungen. „Es wird wohl realistisch bei einer Million liegen.“ Ein Blick in das Parkhaus zeigt, dass schwerwiegende Mängel nicht erkennbar sind.
Und noch eine finanzielle Hürde ist zu nehmen. Sie steht im Zusammenhang mit dem Bergbau und ist im Ruhrgebiet eher ein „selbstverständliches“ Thema. Es geht um den Bergschadenverzicht, also die Erklärung, dass man den Bergbau nicht für Schäden am Haus zur Kasse bitten kann. „Ein Riesenproblem“, seufzt Schulte-Kemper. Auch wenn es in in der Stadtmitte „nur“ ein Bergschadenminderverzicht ist. Denn dieser „Verzicht“ ist im Grundbuch eingetragen und lässt bei finanzierenden Banken die „rote Lampe leuchten“.
„Hier ist niemals Kohle abgebaut worden“, stellt Schulte-Kemper klar. Die Eintragung stammt aus der Zeit, als die Stadt die Grundstücke vom Bergbau kaufte. „Wir sind jetzt die Leidtragenden, weil damit zusätzliche Belastungen auf uns zukommen.“ Man werde deshalb mit der Stadt darüber sprechen. „Jeden Tag eine Herausforderung. Jede Antwort löst fünf neue Fragen aus“, so beschreibt er sein tägliches Geschäft.
Bild: Schulte-Kemper strebt einen guten Branchenmix mit attraktiven Fachgeschäften an.
Alles dient dem Einkaufserlebnis
Sein Ziel hat der Marler immer im Auge: Alles, was dem Einkaufserlebnis dient! Das bedeutet für ihn ein guter Warenmix, Restauration, gute Informationen und viele interessante Einkaufsideen. Es werde ein Veranstaltungsprogramm geben, Diskussionsrunden usw.
Warum soll das in Marl klappen, wo doch die nagelneuen Einkaufszentren in Recklinghausen (Palais) und Dorsten (Marcaden) offensichtlich schwächeln? „Weil wir einen anderen Weg gehen“, erklärt Schulte-Kemper, eben mit diesem Einkaufserlebnis. Hier müsse es Leben geben. Deshalb drängt er auf eine weitere Wohnbebauung in der Stadtmitte, deshalb ist ihm die Restauration am See wichtig und ein Hotel.
„Es fließt zu viel Kaufkraft ab“, beklagt Schulte-Kemper, deshalb müsse der „Stern“ ins Umland strahlen, nach Oer-Erkenschwick und Datteln, bis Gladbeck und Herten. Die Größe dafür sei vorhanden, immerhin stehe in Marl das größte Einkaufszentrum in weitem Umkreis mit rund 70.000 qm (einschließlich Kaufland), das Recklinghäuser Palais Vest kommt nur auf 41.000.
Der Blick des Investors geht aber schon weiter. Wenn der innere Umbau seiner Flächen fertig ist, müsse man den Vorplatz zum Busbahnhof in Angriff nehmen. Und in ein paar Jahren sei auch das Luftkissendach dran, dessen Größe einmal für einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde sorgte. Es soll durch ein Glasdach ersetzt werden.
Aber zunächst einmal geht es im Innern los. Die ersten Handwerker werden im Juni/Juli im Karstadt-Haus anfangen – wenn die Baugenehmigung vorliegt. Die Besucher des „Stern“ werden davon nichts mitbekommen, es wird nur innerhalb von Karstadt umgebaut.
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