90 Jahre „Aus Liebe zur Heimat“

Bild: Innenansicht des Heimatmuseums 1953

Auf eine lange Geschichte kann der Heimatverein Marl zurückblicken. Heute Abend feiert er sein 90-jähriges Bestehen mit einem Festakt im Kulturzentrum Erlöserkirche an der Schachtstraße. Zeit also, einmal die Geschichte des Vereins Revue passieren zu lassen.

Mitte der 1920er Jahre wurde das Dorf Marl von dem Aufschwung ergriffen, der sich schon seit der Jahrhundertwende durch die Ansiedlung der Zeche Brassert angedeutet hatte. Die Besetzung des Ruhrgebietes war vorbei, die Einwohnerzahl schnellte hoch und eine kommunale Neuordnung stand vor der Tür, die das Amtsgebiet deutlich vergrößern sollte.

In dieser Zeit, 1925, kam eine Reihe von Marlern auf die Idee, das Heimatgefühl zu stärken. Am 3. Januar 1926 gründeten 31 Bürger den „Verein für Orts- und Heimatkunde im Amte Marl“. „Aus Liebe zur Heimat“, wie der neue Vorsitzender Albert von Raesfeld erklärte. Schriftführer wurde der Bürodirektor der Amtsverwaltung Otto Niggemann. Schon wenige Wochen nach der Gründung waren es 80 Mitglieder, am Jahresende 150. Im Sommer 1926 wurde ein „wohlgelungener Schnatgang“ organisiert, wie die Chronik vermerkt.

Die Petschaften einverleibt

Die gute Beziehung zum Amtshaus wurde ausgebaut, Amtmann August Garmann wurde in den Vorstand des Vestischen Heimatmuseums gewählt. Schon im Januar 1927 wurden die Abteilungen der Verwaltung aufgefordert, „die Petschaften [Siegel] und Hoheitszeichen aus früheren Zeiten dem hiesigen Museum einzuverleiben“. Der Heimatverein erhielt so auch das alte Messingsiegel des Standesamtes Marl von 1874, daneben Urkunden, Münzen, altes Hausgerät und sonstige Gebrauchsgegenstände aus vergangenen Zeiten. Außerdem Teile von Tieren aus der Steinzeit, wie die Heimatforscher feststellten. Sie waren beim Bau des Kanals zu Tage gefördert worden. Alle Gegenstände kamen in ein Zimmer im Amtshaus und sollten später in einem noch zu bauenden Heimatmuseum untergebracht werden. Im Februar 1927 beschloss die Amtsvertretung den Ankauf des „bei Drees in Sickingmühle“ befindlichen Mammutkopfes.

Anfang 1927 erschienen auch die „Heimatblätter für das Amt Marl“, um „die Liebe zur Heimat“ neu zu beleben. Auf 28 Seiten gab es Bilder und Gedichte, Geschichten aus Hüls und Polsum, von Hochzeitsbräuchen und aus dem Bergmannsleben. Doch es blieb offensichtlich bei dieser einen Schrift.

Zu dieser Zeit entfaltet Heinrich Keßler (Bild links) seine Aktivitäten, der rührige Hauptlehrer der Waldschule in Hüls. Am 1. April 1926 (also einige Monate nach der Vereinsgründung) waren Hüls, Sinsen, Lenkerbeck und Löntrop zum Amt Marl dazugekommen. Schon seit 1920 hatte man dafür gekämpft, dass diese Ortschaften bei der Neuordnung des nördlichen Ruhrgebietes nicht Recklinghausen, sondern Marl zugeschlagen würden. Diese Vergrößerung hatte großen Einfluss auf die Entwicklung von Amt und Gemeinde. Auf einmal gab es neben dem Dorf einen zweiten, modernen Siedlungsschwerpunkt.

Im Oktober 1927 beschloss die Baukommission der Gemeinde, in der alten Wassermühle im Dorf (gegenüber der im Juli 1924 eröffneten Badeanstalt) nicht mehr zwei Familien unterzubringen, sondern nur noch eine. Die übrigen Räumlichkeiten sollten nebst Stallungen zu einem Museum und einer Jugendherberge umgebaut werden. Als Kosten wurden 2370 RM ermittelt. Doch das Geld konnte nicht aufgebracht werden.

Entscheidung immer wieder vertagt

Im nächsten Jahr ergriff der Verein noch einmal die Initiative für ein Heimatmuseum, das insbesondere den Schulen zugänglich sein soll: „Der Verein ist sich darüber klar geworden, dass die Beschaffung dieser Räume nur in der alten Wassermühle an der Badeanstalt, welche durch ihre bedeutungsvolle Vergangenheit in der Historie Marls eine außerordentliche Bedeutung hat, erfolgen kann.“ Zunächst komme dafür nur ein Teil der Mühle in Frage. Wieder wird die Entscheidung zurückgestellt, weil es bei der Finanzlage Marls wichtigere und lebensnotwendigere Aufgaben gebe, wie Bergassessor Schmitt im Gemeinderat argumentierte. Aber auch im Mai 1929, zur Zeit der Hochinflation, fehlte das Geld und erneut wurde die Entscheidung vertagt.

Erst Ende 1930 kam wieder Bewegung in die Sache. Nach dem Tod von August Garmann wurde Dr. Friedrich Willeke neuer Bürgermeister von Marl. Ende April 1930 stellte die Gemeindevertretung fest, dass der bisher von der Amtsverwaltung zur Aufbewahrung der Museumsgegenstände zur Verfügung gestellte Raum im Dachgeschoss des Amtshauses zur Unterbringung von Akten gebraucht werde. Außerdem sei die Sammlung der Museumsgegenstände so groß, dass sich die Herstellung eines Ausstellungsraumes lohne. Die Finanzkommission schlug deshalb vor, zur Unterbringung eines Heimatmuseums in der alten Wassermühle das Einverständnis zu geben. Am 29. Juni 1933 wurde es eröffnet.

Donnerstag, 25. August 2016, 13:07 • Verfasst in Marl

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