Bausünde oder Baudenkmal?

Bild: Von den geplanten vier Bürotürmen des Rathauses wurden nur zwei gebaut, vor allem die Fassaden sind jetzt dringend sanierungsbedürftig. Foto: LWL/Schmidt

Marl. Als Neubauten wurden öffentliche Gebäude in den 1960er und 1970er-Jahren als innovativ gelobt, heute gelten sie bisweilen als „hässlich“ oder gar als „unmenschlich“. Außerdem sind viele dieser Rathäuser oder Schulen mittlerweile sanierungsbedürftig. Rund 170 Teilnehmer aus Politik, Denkmalpflege, Stadtplanung, Kultur und Architektur diskutieren auf Einladung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in der Scharounschule die Vielfalt der Architektur und die Probleme zum Erhaltung und zur Pflege der Bauten dieser Zeit.

„Wir möchten zeigen, dass es sich lohnt, sie als Zeugnisse einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels und Umbruchs zu erhalten, zu pflegen und zu nutzen," erläuterte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale die Themenwahl.

Wie die Zeit den Blick verändert

Axel Großer, stellvertretender Bürgermeister, verwies auf den sanierungsbedürften Rathauskomplex, der seit einem halben Jahr als Baudenkmal eingetragen ist. Dieses Projekt werde Marl im Rahmen eines umfassenden Erneuerungsprogramms für das Stadtzentrum in naher Zukunft intensiv beschäftigen.

Der Kölner Stadtkonservator a. D. Dr. Ulrich Krings erläuterte, wie sich der Blick auf Architektur mit zeitlicher Distanz verändere. So könne ein Gebäude bei seiner Entstehung als visionäre Architektur gefeiert, wenige Jahre später als Bausünde verurteilt und wiederum einige Jahre später als Baudenkmal gewürdigt werden.

Im Rahmen der Tagung stellen die LWL-Fachleute Bauten der 1960er- und 1970er-Jahre vor. Ein Vortrag widmete der Scharounschule. Dem Engagement von Denkmalschützern, Architekten, Stadtplanern und Stadtbewohnern ist es zu verdanken, dass die Schule von 2009 bis 2015 denkmalgerecht saniert werden konnte und heute von der Musikschule und der katholischen Aloysius-Grundschule gemeinsam genutzt wird.

Exkursionen führten die Tagungsteilnehmer u.a. zu den Kirchen der 1960er-Jahre und zum Rathaus.

Samstag, 28. Mai 2016, 14:36 • Verfasst in Haltern

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