Trauer und Schweigeminuten im Kreis

4U9525 : Co-Pilot ließ Flugzeug offenbar bewusst abstürzen

Vest. Der Absturz eines Flugzeuges über Südfrankreich hat die Menschen im ganzen Kreis Recklinghausen tief bewegt. Mit einer Todesanzeige, die heute erschienen ist, trauern Schüler, Lehrer und Eltern des Halterner Joseph-König-Gymnasiums um ihre 16 Mitschüler und die zwei Lehrerinnen, die beim Flugzeugabsturz gestorben sind. Derweil hat der französische Staatsanwalt Brice Robin schockierende Erkenntnisse aus der Auswertung des Stimmenrekorders bekannt gegeben. Die Behörden gehen nun von willentlicher Tötung aus.

Genau um 10.53 Uhr heute hat die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen der 150 Todesopfer des Flugzeugabsturzes gedacht. Viele Behörden und Schulen beteiligten sich an der Schweigeminute, zu der die Landesregierung aufgerufen hatte. Genau um 10.53 Uhr war die Funkverbindung zu der Germanwings-Maschine mit der Flugnummer 4U 9525 am Dienstag abgebrochen.
Viele Schulen im Kreisgebiet haben Kondolenzbücher ausgelegt. Die Schüler zeigten sich tief betroffen und die Abiturienten haben weitestgehend auf ihre Mottowochen verzichtet oder diese stiller begangen, als geplant. Auf Musik und Abi-Scherze wurde ebenfalls meist verzichtet.

„Schreie der Passagiere erst ganz zum Schluss“

Angehörige der Opfer der Germanwings-Katastrophe sind mit Sonderflügen nach Marseille gebracht worden. Dort trafen sie zunächst den ermittelnden Staatsanwalt, der den Angehörigen Informationen aus erster Hand geben wollte, bevor er an die Öffentlichkeit trat. Anschließend wurden die Angehörigen mit Bussen in die Unglücksgegend gefahren.


Bild: Andreas Lubitz war der Co-Pilot in der tragisch verunglückten Germanwings-Maschine. Der 28-Jährige stammte aus Montabaur in Rheinland-Pfalz.

Wie heute bekannt wurde, war ein Kampfjet der französischen Luftwaffe am Dienstagmorgen aufgestiegen, um den Airbus von Germanwings zu erreichen, nachdem der Kontakt zu den Piloten abgebrochen war. Die Mirage 2000 kam aber zu spät. Von der Aussage des Jetpiloten erhoffen sich die Ermittler weitere Erkenntnisse.

Der französische Staatsanwalt Brice Robin hat nach dem Treffen mit den Angehörigen die internationale Presse über den Stand der Untersuchungen informiert. Demnach hat der Kapitän das Cockpit verlassen und wurde nicht wieder rein gelassen. Der Co-Pilot habe den Sinkflug „bewusst eingeleitet“. Die Passagiere waren sich erst ganz kurz vor dem Absturz darüber im Klaren, was passiert ist. „Schreie hört man erst ganz zum Schluss“, sagte der Staatsanwalt. „Im Cockpit gab es eine absolute Stille, kein Wort.“

Die Daten aus dem gefundenen Stimmenrekorder lassen eine erste Rekonstruktion des Flugverlaufs zu. In den ersten 20 Minuten nach dem Start hätten sich die Piloten ganz normal unterhalten, so Brice Robin. Als der Pilot (wahrscheinlich) einem menschlichen Bedürfnis nachgehen will, bittet er seinen Co-Piloten das Kommando zu übernehmen. Robin: „Der Co-Pilot war also allein im Cockpit“ und fügt hinzu, dass man davon ausgehe, der Mann habe dann bewusst den automatischen Sinkflug eingeleitet. Der ausgesperrte Pilot habe offensichtlich immer wieder gerufen „lass mich rein!“ Lautes Klopfen an der Cockpit-Tür sei zu hören gewesen, ohne Reaktion des Co-Piloten, dessen Atmung zu hören war. Die ganze Zeit über seien auch laute Schläge an der Tür zu hören gewesen, so als ob versucht würde, die Tür aufzubrechen. Staatsanwalt Robin sagte ferner, es sei ganz offensichtlich, dass es sich um einen vorsätzlich eingeleiteten Absturz durch den Co-Piloten gehandelt habe.

Deutsche Ermittler haben mit der Durchsuchung der Düsseldorfer Wohnung des verdächtigen Germanwings-Co-Piloten begonnen. Auch das Wohnhaus der Eltern wird von der Polizei untersucht. Die dramatische Wende in dem Fall macht die Menschen fassungslos. Für die Angehörigen der Opfer bedeutet ein mit Absicht herbeigeführter Absturz nochmals eine Steigerung der Katastrophe. Nach Meinung von Experten könnte dies bei den Angehörigen ein extremes Trauma auslösen.

Donnerstag, 26. März 2015, 13:30 • Verfasst in Vest

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