Polizei bittet zum Pinkeln in der Öffentlichkeit

Marl. Wer in der Öffentlichkeit die Hose öffnet um zu pinkeln, der muss mit einer Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses rechnen. Es sei denn, die Polizei fordert ihn dazu auf. Sie glauben nicht, dass es so etwas in Wirklichkeit gibt? Der Gelsenkirchener Nikolaus Müller (35) glaubte es auch nicht – bis er auf der Bergstraße in Marl dazu aufgefordert wurde.

Die Polizei wollte einen Drogen-Schnelltest machen. Schnell bedeutet: Man füllt ein kleines Gefäß mit Urin, dann wird ein Teststreifen reingehängt und nach rund zwei Minuten kann man erkennen, ob der Wasser-Lasser möglicherweise Drogen genommen hat. Der Test heißt „Drug Wipe 5“, die Polizei im Kreis setzt ihn seit Ende 2011 ein.

Der Vorgänger hieß nur „Drug Wipe“ und war ein richtiger „Wisch“-Test. Da dauerte es bis zum Ergebnis noch 20 Minuten: Schweiß (von der Handinnenfläche) wurde abgewischt, es durfte auch Spucke sein, dann musste man auf eine Verfärbung warten. Anschließend ging es zum richtigen Drogentest (Blutentnahme) oder auch nicht.

Das neue Verfahren mit dem Urin ist weitgehend unbekannt, wie eine Nachfrage beim Polizeipräsidium in Recklinghausen ergab. Auch dort hatte sich der Pinkel-Test noch nicht überall herumgesprochen. Er werde als Möglichkeit den Betroffenen angeboten. Sie müssen ihn aber nicht annehmen.

Kein Wunder. Nicht jedem gelingt es, auf Anhieb Wasser zu lassen. Oder ihm macht es nichts aus, in freier Umgebung die Hose zu öffnen.

Nikolaus Müller habe gar keine andere Wahl gehabt, berichtet sein Marler Anwalt Dirk Rütten (33), an den sich der Gelsenkirchener unverzüglich wandte. Die Polizei habe ihm angeboten, hinter die Container zu gehen. Dass er auch einen Schweiß-Test machen konnte, habe man ihm nicht gesagt. Im Gegenteil: Sofort Pinkeln oder in Handschellen zur Polizeiwache – das seien die Alternativen gewesen.

Das besondere Problem des Mannes: In dem Auto, das die Polizei angehalten hatte, saßen auch noch seine zwei Kinder (sechs und neun Jahre alt). Der Gelsenkirchener sorgte sich, die könnten den ganzen Vorgang falsch verstehen, das Erlebnis weitererzählen und damit für Irritationen sorgen.

Sein Anwalt Dirk Rütten kündigte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Polizei an. Die sieht in dem neuen Schnelltest kein Problem: Die Betroffenen müssten ihn ja nicht mitmachen. Jeder könne selber entscheiden.

Eine entscheidende Hilfestellung können die Beamten allerdings nicht geben: Einen Sichtschutz für Schnell-Pinkler gibt es nicht. Da muss sich jeder selber um die geeignete Position kümmern.

Samstag, 23. Juni 2012, 15:06 • Verfasst in Vest

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