Der Kreis als Finanzgenie

Vest. Es ist ein hilfloses Ritual: Der Kreis sagt, was er im Jahr an Geld braucht und rechnet den Anteil der kreisangehörigen Städte aus. Dort protestieren die Politiker und fordern Sparen. Dann wird der Kreis-Haushalt beschlossen mit der Maßgabe, jetzt endlich Sparmöglichkeiten herauszufinden. Dann kommt das nächste Jahr und alles geht von vorne los. In diesem Jahr geht es um 857 Millionen Euro, die der Kreis ausgeben will, 431,4 Millionen müssen die Städte aufbringen.

Landrat Cay Süberkrüb nahm das Schuldenproblem mit Humor und präsentierte ein Sprichwort wie es unter „Zitate für Haushaltsreden“ im Internet zu finden ist (www.haushaltssteuerung.de): „Wenn man 50 Dollar Schulden hat, so ist man ein Schnorrer. Hat jemand 50.000 Dollar Schulden, so ist er ein Geschäftsmann. Wer 50 Millionen Dollar Schulden hat, ist ein Finanzgenie. 50 Milliarden Dollar Schulden haben - das kann nur der Staat.“ Der Kreis liege also zwischen Finanzgenie und Staat.

Nicht dass der Kreis nicht sparen wolle, so Süberkrüb und bittet ausdrücklich um Vorschläge. Die Antwort hat prompt Dorstens Bürgermeister Lambert Lütkenhorst zur Hand: 13 Tipps von der Reduzierung der Aufwendungen für die Kreistagsfraktionen über die Straffung der Leitungsstrukturen der Kreisverwaltung, Reduzierung von Flächen in den Berufskollegs, Abbau von Personalüberhängen, Beseitigung von Doppelstrukturen. Und nicht zuletzt die Sanierung des Kreishauses, von dem der Kreis offenbar immer noch nicht Abstand genommen hat.

Der Landrat ahnte schon, dass es wieder Vorschläge geben würde, und machte bei der Vorstellung schon zwei Gegenvorschläge: Ob denn die Dorstener Bücherei CDs an Erwachsene verleihen müsse – das könne doch jeder für sich regeln. Und was denn die Marler Skulpturen wert seien. Vielleicht wolle ja eine ostdeutsche Stadt den „Habakuk“ von Max Ernst haben.

Natürlich sei der Vorschlag absurd „und ich werde mich an einer solchen Diskussion auch weiterhin nicht beteiligen – der Kreis ist allerdings auch kein finanzieller Steinbruch für die Städte.“

Die Mahner ahnen schon: Die Sparforderungen werden da landen, wo die anderen schon seit Jahren liegen: im Sande.

In allen Städten des Kreises werden die hohen Kosten der Kreisverwaltung bejammert. Zeit für ernsthafte Überlegungen bleiben nicht: Bereits am 12. März soll der Haushalt verabschiedet werden. Dorsten und Haltern (die beiden einzigen Städte mit einem CDU-Bürgermeister) drängen auf ein Verschieben auf Mai/Juni.

In den letzten Jahren wurde immer lauter über einen Druck geredet, den der Kreis auf die Städte ausübt: Wenn die nicht dem Kreishaushalt zustimmen, dann wird der Landrat (als Aufsichtsbehörde) auch nicht seine Zustimmung zu den Haushalten der Städte geben.

Übrigens: Marls Skulpturen-Kunst ist weitestgehend unverkäuflich, denn es sind Leihgaben.

Montag, 27. Februar 2012, 11:32 • Verfasst in Vest

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