Marler Realschule: Entscheidung ohne Basis

Marl. Das Rats-Bekenntnis zur Zukunft der Günther-Eckerland-Realschule erweist sich als höchst zweifelhafter Beschluss: Es gibt keine Daten, die Schulpflegschaft protestiert, Beteiligte wurden gar nicht erst angehört. Inzwischen hat sich die CDU an den Landrat gewandt und die Bürgerliste Wir für Marl schiebt eine Reihe von kritischen Fragen nach.

Schulpolitisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll – so hatte die SPD ihren Antrag begründet: Die Verwaltung solle umgehend alle Schritte unternehmen, damit die Realschule zum Schuljahr 2013/14 in die leerstehenden Schulräume an der Kampstraße umziehen kann. Zahlen dafür legte die Verwaltung nicht vor.

Die altbekannten Zahlen sprechen eher dagegen. So hatte die Kreisverwaltung bereits 2006 einen Sanierungsstau von 2,9 Millionen Euro festgestellt und deshalb entschieden, den abgewirtschafteten Komplex an die Stadt Marl zurückzugeben. Seit 1993 war hier ein Teil des Hans-Böckler-Berufskollegs untergebracht.

Es gab Ortstermine, so die Auskunft der Kreisverwaltung. Dabei wurde die Stadt Marl darauf hingewiesen, dass die Gebäudehülle in einem sehr schlechten Zustand sei, das komplette Dach müsse erneuert werden.

Die Stadt kündigte den Abriss des Gebäudes an und ermittelte 250 000 Euro Kosten. Daraufhin erhielt sie vom Kreis einen Zuschuss von 170 000 Euro.

Eine Besichtigung Anfang Februar bestätigte den katastrophalen Zustand des Gebäudes. Entsetzt wandte sich die Schulpflegschaft an die Politiker und die Verwaltung: Das Gebäude sei „in einem erbarmungswürdigen Zustand“, eklatante Mängel, Dach undicht, Schimmelbefall, Decken, Wände und Böden seine gänzlich abgenutzt, die Fenster beschädigt, auf den Fensterbänke wachse Moos. „Aussagen zum Zustand der sanitären Anlagen sind derzeit nicht möglich, da sich diese in einem Trakt des Schulgebäudes befinden, welcher aufgrund von Gesundheitsgefahren derzeit nicht betreten werden darf.“

In diese Schule werde man erst umziehen, wenn alle Mängel fachmännisch behoben seien, kündigte die Schulpflegschaft an.

Bürgermeister Werner Arndt erklärte auf der Ratssitzung in der letzten Woche, die Kosten für eine Sanierung beliefen sich auf 400 000 Euro – mithin nur ein Bruchteil der Kosten, die der Kreis ermittelt hatte.

Außerdem, so hieß es auf der Ratssitzung, könnte die Schule ja die die Technik-Räume des Albert-Schweitzer-Geschwister-Scholl-Gymnasiums in der Nähe mit benutzen. Dessen Schulleiter Klaus Koch wunderte sich auf Nachfrage: Mit ihm sei darüber noch nicht gesprochen worden.

Am Ende des Tagesordnungspunktes stimmten SPD, BUM und FDP dafür, die Schulverlegung vorzubereiten.

Die CDU hat Zweifel an den wenigen überschläglichen Schätzungen der Verwaltung und hat sich an den Landrat gewandt: Kann die Stadt die Schulverlegung finanzieren? Müssen nicht auch Alternativen überlegt werden?

Die Bürgerliste Wir für Marl will wissen, in welchem Zustand sich das Gebäude befindet und wie teuer die Sanierung wird. Sie zweifelt an der Glaubwürdigkeit der Verwaltungs-Zahlen, tatsächlich würden die Kosten zehnmal so hoch liegen.

Auf der Ratssitzung im April würden konkrete Zahlen vorgelegt, kündigte die Verwaltung auf Nachfrage von Marl Aktuell an.

Gut möglich, dass bis dahin alles ganz anders aussieht. Ab dem 27. Februar können die Eltern ihre Kinder zu den weiterführenden Schulen anmelden. Das Interesse an den Realschulen ist rückläufig, besonders dramatisch bei der Günther-Eckerland-Realschule.

Nicht unmöglich, dass es nur für eine Eingangsklasse reicht und die Perspektive einen dauerhaften Erhalt der Schule nicht rechtfertigt. In der Vergangenheit hatte die moderne Ernst-Immel-Realschule in Hüls bereits gedrängt, sich von drei auf vier Züge ausweiten zu dürfen. Doch das verwehrte die Politik, man wollte die Realschule in Hamm nicht schwächen.

Die Abstimmung „mit den Füßen“ könnte in diesem Jahr zu überraschenden Ergebnissen führen.

Mittwoch, 22. Februar 2012, 8:55 • Verfasst in Marl

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