Frauen an den Ball

Vest. Der Weltmeister verteidigt seinen Titel im eigenen Land und kurz bevor das Turnier losgeht, schießen die deutschen Fußballerinnen erst mal alles vom Platz, dass es nur so eine Freude ist. Toll, was da in der Spitze passiert. Aber wie sieht es mit dem Frauenfußball in der Provinz aus? Was ist im Kreis Recklinghausen los?

„Wir sind auf einem guten Weg“, beschreibt der Vorsitzende des Fußballkreises Recklinghausen, Hans-Otto Matthey, die Lage. 20 Frauenmannschaften, das ist mehr als die Kreisliga (16) verkraften kann. Der 1. FFC Recklinghausen war schon mal in der 2. Liga.

Also alles Bestens mit dem Frauenfußball? „Das Netz ist dünn“, sagt Matthey. Noch vor 40 Jahren wollte der DFB keinen Frauen am Fußball. Heute weiß er: „Unsere Zukunft ist weiblich“. Nur bei hier liegt noch eine Möglichkeit, neue Mitglieder zu finden.

Die Frage „Warum dürfen wir nicht das, was Männer dürfen?“ wird heute zügig beantwortet. Viele Vereine sind bereit, Frauenmannschaften zu bilden, aber es gibt noch immer Bedenken, Vorbehalte wegen Umkleide-Fragen, Organisationen und Kosten. Es fehlen Sponsorengelder, um die weiten Anfahrten für die Kreisligaspiele zu finanzieren.

Und wer guckt schon Frauenfußball? Zu den Spielen der 2. Liga kamen nur 70 bis 100 Zuschauer – weniger als zur Kreisliga A. Matthey: „Das ist schon enttäuschend.“ Dabei gab es dort tolle Technik zu sehen, als Alexandra Popp noch in Recklinghausen spielte. Die 20-Jährige ist inzwischen in Duisburg gelandet und wurde bei der U20-Frauen-Weltmeisterschaft im letzten Jahr mit dem Goldenen Schuh (meiste Tore) und dem Goldenen Ball (beste Spielerin) ausgezeichnet.

Auf Kreisebene wundert es nicht, wenn die Tochter Fußball spielt und der Papa nicht zuguckt. Das wäre bei Jungs anders. Außerdem spielen Mädchen meist sehr früh oder sehr spät am Tag (und überlassen den Jungs die attraktiven Spielzeiten). Das ist auch nicht gerade förderlich.

Aber jetzt, mit der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land, da wird doch alles ganz anders? Ähnlich wie bei Steffi Graf nach ihrem ersten Wimbledon-Sieg? „Das war etwas ganz anderes“, wehrt Hans-Otto Matthey ab. Die Tennis-Spielerinnen wollten so populär werden wie ihr Vorbild. Die Fußballerinnen können nur auf einen Mitmach-Effekt hoffen. Darauf, dass im Freundeskreis und in der Schule mehr das Interesse wächst. „Die Basis wird dadurch besser aufgestellt“, erwartet Matthey. Bis zur C-Jugend (12 bis 14 Jahre) spielen Jungen und Mädchen noch in derselben Mannschaft. Danach gehen sie getrennte Wege. Noch ist er für die Mädchen ein deutlich schwierigerer Weg als für die Jungs.

„Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.” Das ist die Begründung des DFB im Juli 1955 für das Verbot des Damenfußballs. Heute heißt er Frauenfußball und ist seit Oktober 1970 auch offizielle vom DFB akzeptiert.

Sonntag, 26. Juni 2011, 14:12 • Verfasst in Vest

Keine Kommentare


Einen Kommentar hinterlassen

Sie müssen eingeloggt sein um einen Kommentar zu hinterlassen.