Stadtrechte zu Hitlers Geburtstag
Herten. Wie berichtet, feiert die einstige Bergwerkstadt 75-jähriges Stadtjubiläum – eigentlich ein freudiger Anlass. Doch die Stadt hat, wie viele andere deutsche Kommunen auch, seine Stadtrechte den Nationalsozialisten unter Hitler zu „verdanken“. „Vor diesem geschichtlichen Hintergrund ist es natürlich schwierig, unser Stadtjubiläum nur ausgelassen zu begehen“, gibt Bürgermeister Dr. Uli Paetzel zu bedenken. „Deshalb werden wir selbstverständlich in diesem Jahr auch einen kritischen Blick auf unsere Geschichte werfen.“
Zwar besitzt Herten bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine erste eigenständige Verwaltung unter der Bezeichnung „Amt Herten“, doch erst nach der Eingemeindung von Scherlebeck, Langenbochum und Disteln im Jahr 1926 fordert der Verkehrsverein, Herten aufgrund seiner nunmehr entstandenen Größe und Infrastruktur zur Stadt zu ernennen.
Dieser Wunsch wird in der Öffentlichkeit hitzig diskutiert, nicht jeder steht der möglichen Herauslösung Hertens aus dem Kreisverband Recklinghausen wohlwollend gegenüber. Bürgermeister von Kleinsorgen verfügt deshalb am 20. Juli 1928: „Eine Weiterverfolgung des Antrags kommt nicht in Frage. Zu den Akten.“
Doch der Verkehrsverein bleibt hartnäckig - zu groß ist die Sorge der Hertener, vom großen Nachbarn Recklinghausen „einverleibt“ zu werden. 1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, folgt der nächste Antrag. Und auch die Gemeindeverwaltung schaltet sich wenig später ein. Im Januar 1936 verleiht sie Adolf Hitler, wie damals üblich, die Ehrenbürgerwürde. Kurze Zeit danach bittet Hertens Bürgermeister Dr. West den Landrat in einem Brief, beim Oberpräsidenten wegen der Stadtrechte vorzusprechen.
Diesmal mit Erfolg: Am 20. April 1936, pünktlich zu „Führers Geburtstag“ erhält Herten das Recht, die Bezeichnung „Stadt“ zu führen. Die Urkunde wird in einer offiziellen Zeremonie am 16. Juni 1936 im Eden-Theater überreicht und zwei Monate später darf auch „das Volk“ an einer von der NSDAP inszenierten Feierlichkeit teilhaben.
In den 70er Jahren regt sich Widerstand gegen die Ehrenbürgerschaft Hitlers. Die Hertener wollen den Diktator nicht mehr im Stammbuch der Stadt sehen. 1978 wird erstmals die Entziehung seiner Ehrenbürgerwürde gefordert, 1984 setzen sich die Jungsozialisten im Rat schließlich durch und erreichen eine symbolische Aberkennung.
„Das ist gut so“, findet Bürgermeister Dr. Uli Paetzel. „Auch das ist - wie viele andere Zeichen, die wir gemeinsam mit unseren Bürgern im Laufe der Jahre gesetzt haben - ein klares Bekenntnis für ein tolerantes und offenes Herten ohne Rechtsextremismus.“
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