Wie der Hase an die Eier kam
Vest. Mal war es der Kuckuck, mal der Hahn, der Storch oder der Fuchs. Am Ende aber hat sich der Hase durchgesetzt. Er bringt die Ostereier. In Westfalen hatte er es besonders schwer: Zum Teil noch bis in die 1930er Jahre waren es bei uns vor allem Fuchs und Kranich, berichtet Christiane Cantauw, Volkskundlerin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe.
Warum gerade der Hase sich durchgesetzt hat, das ist eigentlich nicht klar.
Das Ei war schon im Mittelalter Symbol für das Osterfest. Der Hase war Symbol für die Dreieinigkeit. Doch im 17. Jahrhundert war das harmonische Bild dahin. In seiner Dissertation kritisierte der Heidelberger Arzt Johannes Richier 1682 („Von den Ostereiern“) diese Ostereier als Irrtümer aus alter Zeit. Er schreibt von Erkrankungen nach dem Genuss von „Haseneiern“. Ein Franziskaner gar kam ums Leben. Ein anderer hatte „zur österlichen Zeit ein rothes Ey gantz wollen hineinschlucken, es ist aber das Ey zu gross und sein Halß zu klein gewesen, dass er alsobald daran ersticket“. Und manch einfältige Leute und kleine Kinder glaubten, so Richier, der Osterhase brüte diese aus und verstecke sie im Garten. Das war die erste Erwähnung eines eierlegenden Osterhasen.
Seit 1700 kämpften evangelische Schriften gegen die „Auswüchse des Osterglaubens“. Doch die gutbürgerlichen Familien akzeptierten den Brauch. Eine Ostereiersuche ist für 1793 (an Gründonnerstag) im Hause Goethes in Weimar belegt.
Im 19. Jahrhundert verbreitete sich der Brauch – beflügelt von der Süßwarenindustrie, die gerade entdeckt hatte, wie man aus Rüben Zucker gewinnt. In Kinderbüchern wurde die ganze Hasenfamilie „vermenschlicht“. Ein Klassiker ist das 1924 erschienene Buch „Die Häschenschule“: „Kinder, spricht die Mutter Hase / putzt euch noch einmal die Nase / mit dem Kohlblatt-Taschentuch“. So schickt Mutter Hase auf der ersten Buch-Seite die Geschwister Hasenhans und Hasengretchen zur Schule. Übrigens: Eine Schule in Wuppertal trägt ganz offiziell den Namen „Hasenschule“.
Bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg war der Osterhase auf dem Land noch weitgehend unbekannt, keine 20 Jahre später hatte sich das geändert.
Mittlerweile ist der Osterhase genau wie der Nikolaus zu einem Brauch ohne Glauben geworden. Beide schenken heimlich und unerkannt. Den Nikolaus sieht man nie, vom Osterhasen höchstens noch das Schwänzchen.
Und während der Nikolaus sich zum Weihnachtsmann gewandelt hat, so sieht der Osterhase doch meistens einem Kaninchen sehr ähnlich. So wandeln sich die Bräuche.
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