75. Stadt-Geburtstag löst keinen Jubel aus

Vest. Was vor 75 Jahren passierte, ist ein Meilenstein in der Geschichte von Marl, Herten und Datteln. Doch die Begeisterung, dieses Ereignis ganz groß zu feiern, ist eher gedämpft: 1936 wurden die drei Gemeinden zu Städten erhoben, exakt an Hitlers 47. Geburtstag. Am 20. April 2011 wird es aber nichts Öffentliches geben. Nur Marl hat schon im Juli ein Feier-Wochenende eingeplant, Herten und Datteln halten sich noch zurück.

Jahrhundertelang hatte das Vest nur drei Städte: Recklinghausen (seit 1236), Dorsten (1251) und Haltern (1289). Der Rest waren „Gemeinden“. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hatte der Bergbau die Entwicklung rasant beschleunigt. Herten und Datteln hätten „städtisches Gepräge“, hieß die Begründung, Marl auch.

Aber gegen Marl gab es erhebliche Widerstände aus dem Ruhrgebiet. Persönlichkeiten und Verwaltungen meinten, Marl dürfe nicht den Namen Stadt tragen, nur Hüls habe „städtisches Gepräge“.

Um so größer war hier der Jubel, als die Stadtwerdung bekannt gemacht wurde. Der Bürgermeister rief zu einer „dringlichen öffentlichen Sitzung“, von einem „edlen Wettstreit der drei neuen Städte“ war die Rede und davon, dass die Entwicklung jetzt erst eingesetzt habe. Als dann der Antrag kam, Hitler „den Ehrenbürgerbrief der neugeborenen Stadt anbieten zu dürfen“, erhoben sich alle Ratsherren zur Zustimmung.

Dass es zwischen Marl und den beiden anderen Städten beträchtliche Unterschiede gab, zeigten die Eckzahlen, mit denen die Erhebung der Stadt begründet wurde.

Herten konnte Realgymnasium, Mittelschule, 127 Volksschulklassen in 16 Schulgebäuden, Vestische Klinik für Orthopädie, Krankenhaus, Volksgarten, Stadion und Freibad vorweisen. Datteln hatte Realgymnasium, Handelsschule, 71 Volksschulklassen in acht Schulgebäuden mit sechs großen Turnhallen, Krankenhaus, Freibadeanstalt, Jugendheim, Parkanlagen.

Marl bot eine Rektorats- und Mittelschule mit Entwicklungsmöglichkeiten, Berufsschule, „große Volksschulsystem mit 12, 14 und 16 Klassen“, Kinderheime, Parkanlage, Badeanstalten.

Seit 75 Jahren hat sich vieles geändert, manches auch nicht: Marl ringt noch immer um eine Stadtmitte, ist aber mittlerweile die deutlich größte der drei Neu-Städte.

Wie es zur Zeit der Stadtwerdung in Marl, Herten und Datteln aussah und was seither geschah, das wird das Sonntagsblatt im Laufe dieses Jahres aufzeigen.

Samstag, 29. Januar 2011, 13:35 • Verfasst in Marl, Vest, Herten, Datteln

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