Wenn Amors Pfeil im Herbst des Lebens trifft

Recklinghausen (mc). Dass das Alter nicht vor Angriffen von Amor schützt, musste Margitta K. am 21. Januar 2003 feststellen. Sie war von Lippstadt nach Recklinghausen gereist, um der Schwiegermutter ihrer Tochter zum Geburtstag zu gratulieren. Quartier hatte sie im Bürgerhof bezogen. Mit dem Wirt verstand sie sich gut. Also wollte sie sich nach der Feier noch einen Absacker vor dem Zubettgehen genehmigen. Rolf A. hatte sich ebenfalls für ein kühles Blondes in seine Stammkneipe begeben. „Da stand der Mann da in seiner vollen Pracht und um mich war´s sofort geschehen“, erzählt die heute 67-Jährige lachend. Durch den glücklichen Umstand, dass die Wirtsleute zum geselligen Umtrunk luden mit Brüderschafttrinken kam Margitta ihrem Traumprinzen näher. Rolf A. und Margitta verstanden sich auf Anhieb, erzählten sich viel und es kam heraus, dass beide schon etwa ein Jahr um ihre Partner trauerten. Dann kam das Stichwort: „Ich habe ihr gesagt, dass ich so gerne wieder einmal Rouladen essen würde“, grinst Schlawiner Rolf. Was lag da näher, als den Mann der Träume nach Lippstadt einzuladen. Zwei Tage später also begab sich Rolf auf den Weg zu Margitta. „Natürlich habe ich mich fürchterlich verfahren“, gesteht der heute 73-Jährige. „Und ich war so nervös“, bekennt Margitta. „Immer wieder habe ich angerufen und gefragt, wo er denn bleibt und habe mich unten an die Straße gestellt, damit ich sofort sehe, wann er kommt.“ Mit erheblicher Verspätung kam der Pensionär bei Margitta an. „Da war es schon nah dran am Funken“, bekennt Rolf augenzwinkernd. Aber als er dann die dampfenden und köstlichen Rouladen auf dem Tisch stehen sah, war es auch um ihn geschehen. Er blieb über Nacht.

Am nächsten Tag trat er die Heimreise in die Festspielstadt an. „Der muss geflogen sein, denn ich habe ihn angerufen, um ihm zu sagen, dass ich Sehnsucht habe. Da war der Kerl doch schon fast zu Hause“, erinnert sich die ehemalige Taxifahrerin. „Ja, was denn. Die haben doch im Bürgerhof schon auf mich gewartet. Ich musste doch Bericht erstatten.“ Das hat Rolf auch brav gemacht. Plötzlich sah er nur noch in amüsierte Gesichter. Tja, Rolf hatte die Rechnung ohne seine Margitta gemacht. Die hatte nämlich nicht lange gefackelt und sich in ein Taxi gesetzt und ist ihrem Rolf nachgefahren. Seither sind die beiden unzertrennlich. Sie wohnten eine Weile lang in Lippstadt, dann wieder einige Monate in Recklinghausen. Im Jahr 2004 hat Margitta Nägel mit Köpfen gemacht und ist in die Vestmetropole gezogen. Und eins war beiden klar: Wir ziehen nicht zusammen. Die Freunde und Kollegen fragten schon, ob sie irgendwelche Schrauben locker hätten, weil sie ja nur eine Wohnung nutzten. Dann kam der Tag, an dem Rolf fragte, ob er nicht zu ihr ziehen könne. „Und ich dachte, Du fragst mich nie.“

„Liebe im Alter ist was Feines“, sind sich beide einig. „Die Hörner sind abgestoßen und man achtet den Partner, versucht ihm nicht weh zu tun.“ Gemeinsam wollen die beiden den Herbst ihres Lebens genießen und freuen sich über jeden Tag, den sie zusammen verbringen dürfen.

Montag, 22. März 2010, 13:14 • Verfasst in Recklinghausen

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