Wenn Fassadenteile von den Häusern fallen

Recklinghausen (mc). Wenn der sogenannte kleine Mann in seinem Kampf gegen die Großen Hilfe benötigt, wendet er sich gelegentlich an die Stadtverwaltung und die politischen Parteien. Dies taten auch die Mieter der 790 ehemals städtischen Wohnungen, die vor fünf Jahren an die Essener „Ruhrboden“ und vor zwei Jahren an dias australische Unternehmen „Babcock und Brown“ (B&B) verkauft worden waren (das Sonntagsblatt berichtete). Nachdem WIR und SPD bereits ihre Hilfe zugesichert hatten, tat es jetzt auch „Die Linke“ und lud die Betroffenen zu einer Versammlung ins „Haus Schulte-Mattler“ an der Friedrich-Ebert-Straße.

„Natürlich haben Sie als Mieter ein Recht auf eine einwandfreie Wohnung“, betonte Rechtsanwalt Malte Englert aus Herten. Sollten Mängel bestehen, die nach Bekanntgabe nicht beseitigt würden, empfahl der Fachanwalt eine Mietminderung um 50 Prozent. „Dies hat bei meiner Nachbarin funktioniert“, konnte Eva-Maria Wiegert von der Bergknappenstraße bestätigen. Dort war eine defekte Therme nach einer Miethalbierung innerhalb der gesetzten Frist ausgetauscht worden.

„Schwieriger wird es, wenn es um Hausteile geht, die nicht zur Wohnung gehören“, klärte Englert weiter auf. Wann etwa eine unschön aussehende Fassade gestrichen werde, bestimme der Eigentümer alleine. Wenn allerdings eine Gefahrensituation vorliege, etwa durch herabfallende Fassadenteile – wie in der ECA-Siedlung geschehen – können die Mieter sich an das Ordnungsamt der Stadt wenden. Diese fordert dann den Eigentümer auf, die Mängel zu beseitigen.

Doch all diese Dinge sind den Mietern mittlerweile hinlänglich bekannt und sie beginnen auch, ihre Rechte nach und nach wahr zu nehmen. Denn der Kern des Problems ist das international agierende Heuschrecken-Unwesen. Zum einen ist für die Mieter der Eigentümer der von ihnen bewohnten Häuser nicht klar erkennbar – im Gegensatz zu früher, als die Städtische Wohnungsgesellschaft noch Eigentümerin war. Hinter B&B verbirgt sich ein komplex verschachteltet Netz an Firmen, dessen Struktur für Außenstehende nicht erkennbar ist. „Dies ist natürlich Absicht“, vermutete Erich Burmeister, Vorsitzender der Recklinghäuser „Linken“. Denn es ist naturgemäß schwieriger, gegen einen Gegner vorzugehen, der gar nicht bekannt ist.

Zum anderen geht es den Heuschrecken nicht um das Wohl der Mieter, sondern nur um dessen Geld. Es soll in einem Minimum an Zeit ein Maximum an Geld herausgeholt werden. Deshalb wird nur so viel instand gesetzt, wie es von den Mietern erzwungen wird.

Dies alles verunsichert die Mieter, sie befürchten, dass die Häuser irgendwann so marode sind, dass sie abgerissen werden müssen. Und die Bewohner des Viertels an der Friedrich-Ebert-Straße Ecke Wildermannstraße möchten gerne dort wohnen bleiben, weil das Leben dort trotz der vergammelten Häuser lebenswert ist, wegen der Nachbarschaften und der schönen Gärten. Sie hoffen auf politische Lösungen, und Burmeister versprach die Hilfe seiner Partei. „Kämpfen müssen Sie selbst, aber wir werden Sie unterstützen.“ Dazu will er als erstes den Bürgermeister „auf Trab“ bringen, der sich bis jetzt trotz Einladung bei keinem Mietertreffen sehen ließ. Und das in Zeiten des Wahlkampfes. Was nach den Wahlen am jetzigen Sonntag passieren wird, bleibt abzuwarten.

Monday, 31. August 2009, 12:07 • Verfasst in Recklinghausen

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