Wenn das Kaufhaus schließt…

Vest (sl). Noch in den 90er Jahren konnte man in Gladbeck gut einkaufen: Es gab ein Peek & Cloppenburg, Karstadt und Woolworth. Es gab drei Plattenläden, zwei Buchhandlungen, ein paar Jeans-Stores und in  Adis-Sportstube für Turnschuhe schauten auch schon einmal Boris Becker und Steffi Graf vorbei. Das ist lange her: Woolworth – Geschichte. Peek & Cloppenburg am Markt – schon seit Jahren geschlossen, im Erdgeschoss hat sich ein Ramscher einquartiert, und nun wird auch noch Hertie schließen.

Wie in vielen anderen Städte hatte Karstadt seine Haus in Gladbeck verkauft. Unter dem Namen Hertie ging das Geschäft dort weiter. Nach der Insolvenz ist auch damit bald Schluss. „Ich war mir eigentlich sicher, dass in einer Stadt mit fast 80.000 Einwohnern der Markt groß genug für ein Kaufhaus ist. Nun muss ich feststellen, dass dem nicht so ist. Für Gladbeck ist das Hertie-Aus eine Katastrophe“, fasst Franz Wegener von den Grünen die Lage in der Stadt zusammen.

Sind erst einmal die Kaufhäuser weg, so fürchtet Wegener, werden immer weniger Menschen in der Innenstadt einkaufen und auch der verbliebene Einzelhandel leiden. Die einstmals attraktive Innenstadt droht zu veröden.

Die Katastrophe wird noch andere Städte treffen: Hertie in Marl ist Geschichte, auch in Datteln schließt das Warenhaus seine Pforten und in Recklinghausen ist auch Karstadt bedroht – erhält der marode Warenhauskonzern nicht schnell staatliche Hilfe, droht das Ende des traditionsreichen Unternehmens.

An das Karstadt-Ende will Recklinghausens Bürgermeister Wolfgang Pantförder nicht glauben: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bundesregierung ein Unternehmen wie Karstadt an dem so viele Existenzen hängen, fallen lässt. Die Idee des Zusammegehens mit Kaufhof finde ich gut. Hoffentlich wird dann auch wieder in das Haus in Recklinghausen investiert. Ich bin mir sicher, dass ein attrakrives Karstadt in unserer Innenstadt eine gute Perspektive hätte.“

Pantförder setzt aus gutem Grund auf die Fusion der beiden Warenhausketten: Das Karstadt-Haus in Recklinghausen hätte eine gute Chance zu überleben - denn einen Kaufhof gab es in Recklinghausen noch nie und von den Kaufhausschließungen, die im Falle eine Fusion kommen würden, wären vor allem Stäte betroffen, in denen sowohl Karstadt als auch Kaufhof präsent sind.

Sollte es anders kommen ist klar, dass in vielen der dann leerstehenden Kaufhäuser nur noch das Erdgeschoss bewirtschaftet werden würde - Tengelmannchef Haub hat in der Wirtschaftswoche schon einmal Interesse an Hertie-Immobilien bekunden: Kik, so seine Idee, könne ja teilweisen in die Hertiehäuser ziehen. Halbleerstehende Kaufhäuser in den Städten des nördlichen Reviers würden ganze Innenstädte runterziehen und immer mehr Menschen dazu bewegen, gleich nach Dortmund oder Essen einkaufen zu gehen. Die großen Städte im Zentrum des Reviers würden die Innenstädte der ganzen region werden und Marl, Datteln und all die anderen Vororte, in denen man gerade einmal das nötigste einkaufen kann. So eine Entwicklung ist nicht auszuschließen - vor allem vor dem Hintergrund starl sinkender Bevölkerungszahlen. Aber: Das Ruhrgebiet ist mit seiner schlechten Nahverkehrsstruktur auf so eine Strukturveränderung nicht vorbereitet. Es wird Zeit, auch fürein solchen Szenario zu planen.

Samstag, 30. Mai 2009, 14:21 • Verfasst in Vest

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