Freikarten fürs Kino für gemachte Hausaufgaben

Pascal (15) wäre froh, wenn er für das “Ertragen” von Schule wenigstens eine Prämie bekäme. FOTO: Mengedoht

Von Michaela Cornelius

Oer-Erkenschwick. Es soll ein Versuch werden. Michael Hess, Jugendpfleger der Stadt, hat mit einem Förderantrag bundesweit für Aufsehen gesorgt. Er will eine Eltern-Bonuscard verteilen. Sie soll Anreize schaffen, Kinder pünktlich zur Schule zu schaffen, ein Pausenbrot mitzugeben oder andere Verhalten zu motivieren. Vorbild für die Bonuscard sind die Rabattmarkenhefte der Wirtschaft. Und so sieht das Konzept aus: 100 Bonuskarten sollen an die zehn Schulen, 13 Kindergärten, an den Allgemeinen Sozialen Dienst und an das Jugendamt verteilt werden. Lehrer und Pädagogen sollen sie dann an Problemeltern verteilen und mit ihnen konkrete Vereinbarungen treffen.

Dabei geht es nicht allein ums Schulschwänzen: Bonusstempel kann es auch geben zum Beispiel für den Gang zur Schuldnerberatung, die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen oder an Elternsprechtagen. Als Belohnung locken Einkaufsgutscheine im Wert von bis zu 100 Euro. Damit für die Gutscheine kein Alkohol und keine Zigaretten gekauft werden, wollen die Behörden zusammen mit den örtlichen Händlern in einem Katalog festlegen, welche Waren es für wie viele Stempel gibt. Hess denkt an Abo-Werbeaktionen von Zeitungen: „Dort gibt es Dinge, die man nicht unbedingt braucht, die man aber trotzdem gerne hätte."

Und es sollen auch nicht alle Eltern eingebunden werden, sondern nur jene, „die erwarten lassen, dass ein so geartetes Bonussystem auch einen Anreiz auf sie ausübt“, so Hess.

Für dieses Projekt hat Michael Hess jetzt Landesmittel in Höhe von rund 17.000 Euro beantragt, gut 7.000 Euro betrüge der Eigenanteil der Stadt.

Noch hält sich das Landesjugendamt in Münster bedeckt. „Wir warten erst einmal die Verabschiedung des Haushalts durch das Land ab, dann entscheiden wir“, so Pressesprecher Markus Fischer.

Doch das Schulministerium hat bereits Wohlwollen signalisiert. Das kann Hermann Maas, Direktor am Hittorf-Gymnasium in Recklinghausen überhaupt nicht verstehen. „Welche Zeichen setzen wir denn da?“ fragt sich der Pädagoge. „Dann kann ich auch ein Punkte-System für gemachte Hausaufgaben einsetzen und für die volle Punktzahl gibt es einen Frei-Kinobesuch“, Für Maas ist klar: „Jahrelang ist in der Sozialarbeit versäumt worden, die richtigen Zeichen zu setzen. Mit solchen Anreizen ist kein Bewusstsein zu verändern. Vielmehr werden hier aus meiner Sicht die Mängel in der Sozialarbeit kaschiert.“ Dass es Belohnungen für Selbstverständlichkeiten geben solle, ist für den Schuldirektor schlichtweg nicht nachvollziehbar.

Gemäßigter und nicht so entschieden äußert sich Kindergartenleiterin Gisela Anschütz vom Kindergarten St. Joseph in Oer-Erkenschwick. Sie ist der Meinung, „dass es sehr wohl schwierig ist, manche Familien zu erreichen. Deshalb denke ich, wir sollten das ausprobieren und die Resonanz abwarten. Anschließend muss das Für und Wider diskutiert werden.“ Auch ihr ist klar, dass der Eindruck entsteht, „für nix kriegste auch noch was“. Für sie ist wichtig, dass es beim Bonus nicht um Zigaretten und Alkohol gehen kann.

In den nächsten Wochen wird der Landtag seinen Haushalt verabschieden. Dann kann das Projekt „Eltern-Bonuscard“ vielleicht gestartet werden. Ein Versuch, der auf ein Jahr begrenzt ist.

Samstag, 31. Januar 2009, 13:51 • Verfasst in Vest, Oer-Erkenschwick

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