Muslime haben Bedenken wegen einer starken Frau

FOTO: Mengedoht

Marl (eib). Carmen Greine hat eine Aufgabe in der Stadt: Integration. Carmen Greine hat aber ein Problem: Ablehnung. Die neue Beauftragte der Stadt Marl, gerade erst in ihr Amt gehoben, ist selbstbewusst, durchsetzungsstark und attraktiv. Das sind Eigenschaften, die hervorragend zu ihrer Aufgabe passen. Oder auch nicht.

Jahrelang war das Thema verdrängt worden, zuletzt waren die Anforderungen für einen Integrationsbeauftragten so hoch gelegt worden, dass die Politik ungläubig zweifelte, dass es überhaupt jemanden geben könne, der diese erfüllt. „Man sieht manchmal das Fußvolk nicht“, lacht Carmen Greine, 36. In der Tat war man erstaunt, welche Qualifikation in der Verwaltung „schlummerte“.

Vor 13 Jahren war sie aus Rumänien gekommen. Zwar schon ausgebildet als Diplom-Ökonom, aber ohne Deutschkenntnisse. In Marl heiratete sie erneut, ist inzwischen Mutter von vier Kindern, ist Diplom-Sozialpädagogin, arbeitet seit eineinhalb Jahren im Sozialamt der Stadt Marl und betreut 70 Familien.

Der verwaltungsinterne Auftakt beeindruckte die Gesprächsteilnehmer, in erster Linie durch ihre fachlichen Voraussetzungen.

Doch gerade bei ihrer Zielgruppe, den Migranten, gibt es Skepsis, ja sogar offen gezeigte Ablehnung: Moschee-Vertreter kamen nicht zu Gesprächen. Eine Frau mit dieser Ausstrahlung, dieser Kompetenz, dieser „Macht“ passt nicht in ihr Weltbild.

„Ich setze auf den interkulturellen Dialog“, erklärt Carmen Greine. Wenn man die Integration möchte, dann müsse man auch was dafür tun. „Es ist Teil der Arbeit, dass den türkischen Männern klar gemacht wird, dass die türkischen Mädchen die gleichen Rechte haben wie sie“, betont auch Bürgermeisterin Uta Heinrich. Die muslimischen Mitbürger müssten das akzeptieren, sie müssten sich einer westlich orientierten Welt öffnen, sie müssten sich an Gesetze halten.

Die beiden Frauen, die unübersehbar gut harmonieren, gehen das Problem energisch an. Sie werde den Dialog suchen, sie werde versuchen zu überzeugen, „ich werde beweisen, dass es ein Vorteil ist, diesen Weg zu gehen“, sagt Carmen Greine.

Überzeugungskraft ist auch verwaltungsintern ihr wichtigstes Hilfsmitteln. Die neue Integrationsbeauftragte hat eine Stabsstelle, kein eigenes Amt. Sie ist auf die Zusammenarbeit mit dem Sozialamt angewiesen. „Sie erhält jederzeit meine persönliche Unterstützung“, steht die Bürgermeisterin ihr zur Seite.

Die ersten Aktivitäten hat Carmen Greine schon entwickelt. Einen Arbeitskreis hat sie angestoßen, Förderanträge sind in Arbeit, neue Projekte werden entwickelt. Beispielsweise sollen zwei Integrationsberater eingestellt werden im Rahmen des Marler Kinder-Netzwerkes (Marlekin).

Die Basis für eine erfolgreiche Arbeit sei da, meint Carmen Greine, weil Marl Stadtteilbüros hat. Nun will sie sich als Ansprechpartner für Vereine und Projekte bekannt machen.

Und die muslimischen Mitbürger überzeugen.

Samstag, 1. November 2008, 14:52 • Verfasst in Marl

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