Raucher machen weiter – wenn Ämter nicht eingreifen

Hier wird lustig gequalmt. FOTO: Mengedoht

Vest (eib). Zeigt das Rauchverbot, das inzwischen seit einem Jahr in Kraft ist, auch Wirkung? In fast allen Gaststätten glaubt man keinen Unterschied zwischen „damals“ und heute zu spüren. Doch es gibt auch konsequentes Durchgreifen. Wir haben uns im Vest umgehört.

Das Einkaufszentrum Marler Stern hat beispielsweise dem „Euro Eiscafe“ die Terrasse gekündigt, um so dort das Rauchverbot durchsetzen zu können. Inhaber Franco Bridda (69) sorgt sich, dass er bald sein Lokal schließen muss. Und sagt Folgen für das ganze Zentrum voraus.

Änderungen, Ausnahmen und mangelnde Kontrollen haben das Rauchverbot vielfach unterlaufen. Beschwerden gibt es keine, der Gaststättenverband brachte „technischen Nichtraucherschutz“ in die Diskussion.

Nur im Marler Stern lief es anders. Seit März wird dort das Rauchverbot durchgesetzt. Das Eiscafe machte mit und holte die Raucher hinter die Glaswände ins Cafe. Dann kam das Ordnungsamt: Rauchen und Essen in einem Raum geht nicht. Also wurde wieder draußen geraucht.

In dieser Woche soll das vorbei sein, ab 1. August muss sich der Wirt an das Rauchverbot halten, sonst muss er seine Stühle reinholen. Franco Bridda wartet ab, hofft auf Duldung. Und verweist auf die Gaststätte ein Stück entfernt. Auch dort durfte man nur draußenaußerhalb rauchen. Als auch das verboten wurde, blieben dir Gäste weg, jetzt ist die Gaststätte zu. Und wird nicht wieder geöffnet.

Das Eiscafe als letzter Ort des gemütlichen Verweilens, als Treffpunkt der Raucher – ist das vielleicht vorbei. Bridda will dann sein Personal verkleinern und wenn die Gästeschar das Cafe nicht trägt, dann will er es ganz schließen – eine Folge des Raucherschutzes.

„Wir gehen Beschwerden und hinweisen nach, die wir von unserem Außendienst und Bürgern erhalten“, erläutert Verena Budéus, Abteilungsleiterin der Stadt Recklinghausen für Ordnungsangelegenheiten, wie sich das Nichtraucherschutzgesetz hier auswirkt. Nicht jeder Hinweis entpuppe sich immer als Verstoß – „mancher Bürger kennt die Vorschriften im Einzelnen nicht so genau“ –, doch 20 Ordnungswidrifkeits-Verfahren wurden inzwischen eingeleitet.

Zweimal im Jahr ziehen die Mitarbeiter zu Routinekontrollen los und versuchen, fast alle Gastronomien in der Stadt zu prüfen. „Die dritte Säule ist, dass wir bei jeder Übernahme eines Ladens eine Abnahme machen und feststellen, wer der Betreiber ist, was er eventuell ändern will und ob alle Vorschriften eingehalten werden“, erklärt Budéus. Als „Raucherclub“ hingegen habe noch kein Gastronom die Billigung des Ordnungsamts gefunden. „Die meisten sind aber auch interessiert, alles richtig zu machen und sich mit uns abzustimmen.“

Der sogenannte technische Nichtraucherschutz, den die Landesregierung im Gesetz vergessen habe, soll aber darin noch verankert werden, fordert der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW von der Landesregierung. Für die Städte sind spezielle Absauganlagen und Lüftungen aber noch „relatives Neuland“, gibt Abteilungsleiterin Budéus zu. In einem Fall habe man wegen einer solchen aufwändigen, recht speziellen Anlage einem Gastronom das Rauchen in einem kaum genutzten Durchgang erlaubt. „Bis geklärt ist, was es da für Regelungen geben wird, sind wir da großzügig.“

Ein Gast, der glaubt, er werde als Nichtraucher nicht angemessen geschützt, sollte sich zunächst an den Wirt wenden. Wenn der nicht reagiere, könne er das Lokal verlassen und zu den normalen Öffnungszeiten zur Verwaltung kommen oder seine Beschwerde telefonisch aufgeben (in Recklinghausen unter Tel. 02361/501613). „Eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft haben wir dafür aber nicht.“

Bei den Städten Oer-Erkenschwick und Dorsten bleibt man gelassen. Der Leiter des Ordnungsamts Oer-Erkenschwick, Michael Greszkowiak, sieht auch keinen Grund zur Änderung der Vorgehensweise. „Meines Wissens gibt es keine Änderung der Rechtslage. So machen wir weiter wie gehabt.“ Und das heißt stichprobenweise Kontrollen mit aufklärerischem Charakter. „Wir gehen nicht repressiv vor. In Mehrraum-Kneipen klären wir die Wirte auf, dass in den Räumlichkeiten, in denen Speisen durchgereicht werden, nicht geraucht werden darf.“ Natürlich gehe man Anzeigen nach, aber „die hatten wir eigentlich nur im schulischen Bereich.“

Für die Dorstener Pressesprecherin Lisa Bauckhorn ist das Thema fast eins fürs Auswandern. „Hier im Rathaus gibt es für rauchende Mitarbeiter keine Möglichkeit, im Indoor-Bereich zu rauchen. Raucher müssen vor die Tür.“ Ansonsten setzt auch Dorsten im Gastronomie-Bereich auf unregelmäßige Kontrollen mit aufklärendem Charakter.

Samstag, 25. Juli 2009, 14:17 • Verfasst in Vest

2 Kommentare:

frankulrich schrieb,

Kommentar • 26. Juli 2009 @ 7:01

Die meisten Raucher sind leider rücksichtslos. Viele rauchende Eltern und sogar schwangere Frauen (!) wollen vom “Passivrauchen” und deren schlimmen Folgen leider nichts wissen. Herr Bridda beschwert sich regelmäßig über den Nichtraucherschutz. Er “meckert” nur, will das Problem aber nicht an der Wurzel erkennen. Es gibt Eisdielen (auch in Marl), deren Inhaber freiwillig - auch schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes - das Rauchen verboten haben. Beschwerden sind von diesen Betreibern nicht zu hören. Was hält denn Herr Bridda von folgenden Vorschlägen, die er m.E. in seinem Eiscafe unbedingt umsetzen sollte:

1. Verbesserung der Qualität der angebotenen Produkte
2. Verbesserung des Services (Freundlichkeit des Personals)
3. Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses.

Mit der Realisierung dieser Vorschläge wird sich der Umsatz und sicherlich auch der von ihm zu versteuernde Gewinn erhöhen.

Otto von Braackenssieck schrieb,

Kommentar • 26. Juli 2009 @ 13:56

Anfangs angekündigt als “Nichtraucherschutz” haben sich diese “Gesetze” mittlerweile entfaltet als absurde und diktatorische Gesetzgebung. Dabei wäre es doch so einfach. Ein Schild “Raucher” oder “Nichtraucher” würde doch reichen. So könnten Erwachsenen selber entscheiden und auch das Personal hätte die Wahl “hier arbeite ich ja oder nicht”. So hätte man auch noch Abermilionen an Steuern bei der Gesetzgebung und vor allem bei der Kontrolle des Vollzugs sparen können. Wie weit gehen die Bemühungen der Regierungen noch? Eine neue Idee wäre ein Aufkleber auf jeder Bratwurst: “Diese Wurst kann tödlich sein”. Ich rate den verantwortlichen Gesetzgebern, zehn Minuten in einer geschlossenen Garage zusammen mit einem laufenden Motor zu verbringen, so lernt man was wirklich gefährliche Abgase sind. (Nicht tun! Denn das ist wirklich tödlich)


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